Buddhismus 3 - Die Lehre

Im Alter von 29 Jahren verließ Gotama sein Haus und führte fortan das Leben eines Mönches oder auch Einsiedlers. Im Alter von 35 Jahren wurde er schließlich in einem Ort namens Bodhgaya (nahe der heutigen Stadt Patna) erleuchtet: Er sah all seine vorherigen Existenzen, er sah die Buddhas (Kult der 28 Buddhas!), die vor ihm auf Erden wandelten, kurz: Er erlangte das absolute Wissen. Die wichtigste Erkenntnis jedoch waren die: 

VIER EDLEN WAHRHEITEN:

  • Alles Leben ist Leid (dukha), weil auch die Annehmlichkeiten des Lebens vergänglich und ohne Wesenskern sind.
  • Die Ursache des Leidens ist die Gier oder der Lebensdurst (trishna) nach Lust, Werden und Vernichtung.
  • Die Aufhebung der Gier bewirkt auch die Beendigung des Leidens.
  • Der Weg zur Leidaufhebung ist der ‚Edle Achtfache Pfad der Selbstzucht‘.

Doch der Buddha verkündete nicht etwa eine völlig neue Lehre! Seine Thesen enthalten überwiegend längst bekannte Elemente der indischen Philosophie und Religion, die schon Hunderte von Jahren vor ihm formuliert wurden. Die bekanntesten seien hier kurz erwähnt:

dhamma – ‚das Gesetz‘, das ewige, unpersönliche Weltgesetz, das die Welt regiert. Der Buddha nimmt für sich in Anspruch, dieses Weltgesetz gefunden zu haben, und deswegen wird auch seine Lehre dhamma genannt!   

kamma – Sanskrit karman ‚die Tat‘, das Prinzip der ‚Vergeltungskausalität‘, nach der jedes Lebewesen aufgrund seiner eigenen Taten (oder Tatabsichten) die Qualität seiner Wiedergeburt bestimmt. Daher ist jeder für sein eigenes Schicksal verantwortlich, denn er es sich in einer früheren Existenz erworben – positiv oder auch negativ. 

samsara – ‚das Umherwandern‘, nämlich durch den Kreislauf der Wiedergeburten, das so lange weitergeht, bis keine neues kamma mehr geschaffen wird.

nibbana – ‚Verlöschen, Verwehen‘ ist die Bezeichnung des Erlösungszieles, nämlich: Nicht mehr wiedergeboren werden. Buddha selbst hat sich dazu wenig geäußert. 

Mila Fo (burm. An Gon) mit 5 Kindern in einem chinesischen Tempel in Maymyo

maya – ‚Täuschung, Illusion, Schein‘ ist die sich ständig verändernde, unbeständige Welt der Erscheinungen und Formen, die ein unerleuchteter Geist als einzige Wirklichkeit ansieht. In den buddhistischen Lehren gibt es verschiedene Interpretationen davon. Die radikalste ist nicht etwa jene, welche die für uns real existierende Welt als Täuschung oder Illusion ansieht: Die Blendung liegt vielmehr darin, diese Welt als das Unwandelbare oder die einzige Wirklichkeit zu betrachten! Dies wird sehr schön durch den bei den Chinesen so beliebten ‚Lachenden Dickbauchbuddha‘ Milo Fo burm.: Angon) illustriert: Der dicke Mann – übrigens eine chinesische Form des Zukunftsbuddhas Metteya – wird oft zusammen mit fünf Kindern gezeigt, die auf ihm herumklettern. Sie symbolisieren die fünf Sinne des Menschen: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten. Und die Wichte glauben – wie wir Menschen – die Welt mit ihren Sinnen begreifen zu können. Der Dickbauchbuddha weiß es besser und lächelt weise. Manchmal steht vor ihm noch ein sechstes Kind: Es symbolisiert das menschliche Denken – auch damit können wir die Wahrheit (Erlösung) nicht erkennen!  

In diesen Bereich gehört auch ein anderer, sehr wichtiger Aspekt der Lehre Buddhas: die Ablehnung einer ‚Seele, einer ‚Persönlichkeit‘ oder einer ‚Ich-Illusion‘. Diese Vorstellungen sind es ja gerade, die den Menschen an den Wiedergeburtskreislauf fesseln! Auch die in Myanmar weitverbreitete, sehr simple Imagination der Wiedergeburt eines Verstorbenen im Schoß einer Verwandten gehört in diesen Bereich. Ich überlasse es den burmesischen Kollegen, das in Einklang zu bringen. Für das Verständnis der Wiedergeburt wird oft das Beispiel von den Kugeln (Schumann, S. 87) oder von Radiowellen (siehe z. B. ‚Good Qestion – good Answer‘ von S. Dhammika, S. 33) verwendet. 

 

Auch die Idee eines allmächtigen, ewigen Schöpfer-Gottes im westlichen Sinne (Gott, Seele, Weltgeist) ist der Lehre Buddhas fremd. Vereinfacht gesagt: Es gibt zwar viele Götter, aber keinen (allmächtigen Schöpfer-) Gott im westlichen Sinne. Auch das Leben des großen Götterkönigs Thagyarmin wird eines Tages beendet sein. Wenn es auch scheinbar unendlich lang ist. Zur Verdeutlichung dieses Sachverhältnisses ziehe ich immer gern die Geschichte ‚Die Parade der Ameisen‘ (in Heinrich Zimmer: Indische Mythen und Symbole) heran, wenn diese  auch einen deutlich hinduistischen Bezug hat.

Buddha nahm im Grunde nur die Vorstellungen der alten indischen Philosophen auf und stellte sie z. T. in einen neuen Zusammenhang. Einiges wurde stärker betont, anderes vernachlässigt. Er war auch kein Revolutionär, der die bestehende Gesellschaftsordnung hinwegfegen wollte: Das Kastensystem als solches lehnte er z. B. nicht ab, da er es als

Ergebnis der karmischen Verdienste betrachtete. Allerdings kritisierte er den Hochmut der Priester und des Kriegeradels ebenso wie die Minderwertigkeitsgefühle der unteren Kasten. Andere Dinge wie heilige Bäder, Feuerkulte usw. wurden als sinnlos eingestuft. Die in der brahmanischen Religion sehr wichtigen Tieropfer lehnte der Buddha rigoros ab. Stattdessen empfahl er das Spenden von Almosen, die Errichtung von Klöstern und die Einhaltung der Sittengebote: Nicht töten, stehlen, lügen, ehebrechen und sich berauschen! Vor allem das Gebot des Nichttötens wurde später vom Hinduismus aufgenommen und wird heute in Indien z. T. strikter befolgt als in den buddhistischen Ländern!  

In Burma haben sich viele Elemente der vorbuddhistischen Religionen erhalten. So z. B. die Alchimie und der Glaube an vollendete Magier (weikza) usw. Maung Htin Aungs Buch Folk Elements in Burmese Buddhism gibt einen guten Überblick.