Hochzeit in Myanmar

Eine Hochzeit in Myanmar

Das Leben in Burma ist für Ausländer voller Gefahren: Da sind zum einen die Giftschlangen! Wo wenig Leute wohnen (Myanmar ist ein vergleichsweise dünn besiedeltes Land) gibt es viele wilde Tiere und natürlich auch Schlangen. Daher hat es weltweit – prozentual, versteht sich  – eine der höchsten Todesraten durch Schlangenbisse. Doch das ist beileibe noch nicht alles! Malaria, Cholera, die Pest, Elefantiasis und Lebensmittelvergiftungen lauern an jeder Ecke! 

Doch eines fürchten sie mehr als alles andere – Hochzeitseinladungen! Irgendwann flattert sie jedem Expat ins Haus. Maung Khin Ohn (M.B.B.S., B.A. Law, Mandalay Arts and Science University) und Ma Swe Hla (B.Sc.Geography, Yangon Distant Education University) beehren sich den Ausländer, Herrn Soundso,  einzuladen. Die Feier findet üblicherweise im ‚Ballroom’ des ‚Klosters zur glückseligen Harmonie‘ statt (billig bzw. gratis) und beginnt um 9.00 Uhr morgens. Morgens! Und so macht man sich schweren Herzens auf den Weg, sein Geschenk in der Hand. Frage ist: Was schenkt man? Bei burmesischen Gästen erregt es keinerlei Anstoß, wenn die einen Stapel billiger, unzerbrechlicher Melaminteller mitbringen, die man gut gemahlen notfalls auch als Babynahrungszusatz verwenden kann – wie es in China passierte. Aber als Ausländer muss man schon seinem Ruf gerecht werden: Schließlich sind wir alle Millionäre!

Man kann sich ja nicht lumpen lassen und einen Reiskocher schenken wie die Burmesen. Dafür sind die mit ihrer Buchführung viel zu clever. Diese dauernden Hochzeitseinladungen können richtig ins Geld gehen. Na, ist doch kein Problem, ich kaufe irgendeinen Pröhl, lasse den aufwendig verpacken und stelle ihn diskret irgendwo hin, sagt sich der gewitzte nainggancharthar, der ‚Sohn eines anderen Landes‘. Ganz einfach! Aber so schlau sind die Burmesen schon lange: Gleich am Eingang, noch vor dem Ballroom, ist ein großer Tisch aufgebaut und dort warten jede Menge hübscher Mädchen, nehmen den Gästen die Geschenke ab und stapeln sie auf dem Tisch. Und natürlich wissen die ganz genau, wer was geschenkt hat! Dieser Tisch ist das Wichtigste an der ganzen Hochzeit, denn im Grunde genommen geht es nicht darum, mit Verwandten und Freunden den Jubeltag zu begehen, sondern darum, möglichst viele und teure Geschenke einzukassieren. Also, ich gebe immer einen Briefumschlag mit Geld ab, je nach Rang des Brautpaares bis zu hundert Dollar …

Dann betritt der bedröppelte Gast den Ballroom, in dem jede Menge Tische aufgebaut sind, an denen seine Leidensgenossen sitzen: in der Regel nach Geschlechtern getrennt. Die Frauen tragen seidene Röcke und Rüschenblusen und sind aufgeputzt mit schweren Ringen, Halsketten (Typ Materialschlacht) und glitzern wie die Weihnachtsbäume. Die Männer etwas schlichter, aber auch gern im Seidenlongyi und weißem Hemd mit Stehkragen. An den Tischen wird meist Biryani-Reis serviert (das billigste, was es gibt), anschließend werden grüner Tee und Coffeemix serviert, dazu gibt es völlig übersüßte Cremetorte. Lecker!

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Das glückliche Brautpaar sitzt derweil lächelnd auf prächtig verzierten Louis-Seize-Stühlen (Ranguner Barock) mit roten Polstern auf der Bühne des Ballrooms. Am Vorhang dahinter sind seine Namen und seine akademischen Großtaten in Riesenlettern zu lesen. Die beiden sind in traditionelle burmesische königliche Bekleidung gewandet, wie man sie nur noch bei traditionellen Bühnenshows oder im Kino sieht: Die Braut trägt einen thamein (Rock) mit Wellenmuster, hinten dran hängt eine lange Schleppe, die beim Gehen recht hinderlich ist. Dazu Blusen mit kleinen Flügeln an Hüfte und Schultern und Schmuckschmuckschmuck! Auf dem Kopf prangt ein Haarzylinder und auch sonst schmückt man sich gern mit fremden Federn, Pardon: Haaren! Die Männer tragen ebenfalls Röcke und eine Bluse und den Kopf schmückt eine Art Turban (gaungbaung) dessen (gestärkter) Zipfel weit absteht. Neben Weiß ist Rosa die absolut dominierende Farbe, selbst beim Bräutigam. Georg NOACK benutzt in seinem Buch Tradition and Modernity recht treffend den Begriff drag queen für dieses Outfit. 

 

Ab und zu verlässt das Brautpaar seine Bühne und wandelt huldvoll von Tisch zu Tisch, begrüßt die Gäste und bedankt sich für das Kommen und die schönen Geschenke. „Yabade!“ (‚Ist schon o.k.!’) sagen die so Geehrten – man will sich ja auch nicht lumpen lassen. Natürlich muss ein Foto gemacht werden – das bekommt man dann ein paar Tage später zugeschickt und freut sich. Meist darf auch die musikalische Untermalung nicht fehlen: In der Regel reicht ein Kassettenspieler aus, Wohlhabendere leisten sich sogar eine Band. Die Musik ist meist so schrecklich, dass man sich sogar freut, wenn man mal Country Roads take me home hört … Alle Gäste sind von einem Gedanken beseelt: Bloß weg hier! Die oben beschriebene Hochzeit ist die Feld-, Wald- und Wiesenhochzeit. Reichere Burmesen feiern im Hotel, am liebsten natürlich im Sedona Hotel oder im Traders/Shangri La Hotel. So was geht richtig ins Geld!