Hitler und Burma
Adolf Hitler (1989-1945) ist eine der verabscheuungswürdigsten Personen in der Geschichte der Menschheit. Der von ihm begonnene Krieg kostete über 60 Millionen Menschen das Leben, darunter 26 Millionen Russen und 7 Millionen Deutschen (geschätzt). In Myanmar sieht man öfter Motorradfahrer, die einen Plastik-Helm tragen, der zum einen an den deutschen Stahlhelm des Zweiten Weltkriegs erinnert, zum anderen mit Nazisymbolen ‚geschmückt’ ist: Das Nazi-Hakenkreuz, den Reichsadler, der das Hakenkreuz in seinen Klauen hält, manchmal auch SS-Runen. Nicht nur für deutsche Besucher ist das oft ein Schock: Hier kann man sich nicht einmal mehr damit herausreden, dass das Hakenkreuz ‚falsch herum’ ist – die Sache ist eindeutig! Auch der Name der populären Rockband IRON CROSS gibt ja Anlass zum Nachdenken … Doch jetzt zu den Helmen: Hergestellt werden sie offenbar in China, nicht in Myanmar. Aber was hat das zu bedeuten? Nun, zuerst einmal muss man wohl oder übel zur Kenntnis nehmen, dass Hitler in Myanmar (ja eigentlich fast überall in Asien) nicht so negativ gesehen wird wie im Westen – denken wir nur an die arabische Welt. Ein burmesischer Freund, der einmal mir gegenüber bewundernd von Hitler sprach, antwortete auf meine Frage, was er denn über Hitler, der in Myanmar übrigens ‚Hit-te-la’ genannt wird, denke: „Ich glaube, dass er sein Land sehr liebte!“ – was immer das zu bedeuten hat.
In der Regel kennen einfache Burmesen zwei Deutsche: Hitler und den aktuellen deutschen Fußballstar (z. B. ‚Hit-te-la and App Kristen’ = Ulf Kirsten). Letztere wechseln ständig, aber Hitler bleibt. Ein echtes Phänomen! Die Anerkennung, die Hitler seinerzeit genoss, manifestiert sich u. a. darin, dass sich sowohl Bose (netaji, siehe unten) als auch Ba Maw (adipati), der erste Präsident des unabhängigen Burma von japanischen Gnaden, den Titel ‚Führer’ zulegten. Der Mann hat zweifelsfrei bleibenden Eindruck gemacht, denn noch in den 90er-Jahren wurde ein leicht erregbarer deutscher Hotelmanager von seinen Angestellten hinter der Hand als ‚Little Hitler’ tituliert.
Es kann kaum überraschen, dass Deutschland, der ‚Feind unseres Feindes’ (also Großbritannien), gegen Ende der Kolonialzeit von den kolonisierten Völkern der Welt vielfach als Freund angesehen wurde. Egal, ob ideologische Übereinstimmungen bestanden oder nicht. Im Falle Hitler dürfen wir wohl davon ausgehen, dass er die Bewohner des asiatischen Kontinents generell als rassisch minderwertig betrachtete. Wie auch Subhas Chandra Bose (1897-1945), zeitweise Führer der indischen Kongresspartei, verärgert zur Kenntnis nehmen musste. Im Gegensatz zu Gandhi und Nehru war der Netaji der Meinung, dass Indien seine Unabhängigkeit nur durch militärische Mittel erreichen könne, nicht durch Gewaltlosigkeit. Dementsprechend hatte er eine Vorliebe für soldatisches Zeremoniell und Uniformen. Hitler weigerte sich, die Inder, wie von Bose gewünscht, als ‚arische Bruderrasse’ anzuerkennen. Stattdessen wurden sie mit den Nürnberger Gesetzen von 1935 (‚Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre’) als ‚Farbige’ mit Juden und ‚Negern’ gleichgesetzt. Bose lehnte daher die Rassenlehre des Nazi-Regimes als ‚unwissenschaftlich’ ab. Er hielt sich mehrfach in Deutschland auf (zuletzt von 1941 bis 1943) und war mit einer Deutschen verheiratet, mit der er eine Tochter hatte. Sie wird noch heute in Indien hoch verehrt. Während einer Reiseleitung in Burma war unter meinen Gästen ein älterer Mann, damals Gymnasiast, dessen Schule in Berlin Bose zu jener Zeit besucht hatte, wo er eine Rede über die Blutsbande der arischen Völker hielt. Der Kunde erinnerte sich noch daran, dass die Wehrmacht zu jener Veranstaltung eine Gulaschkanone aufgefahren hatte.
Nach Kriegsbeginn wurde er in Kalkutta unter Hausarrest gestellt, aus dem er 1941 fliehen konnte. Via Afghanistan gelangte er in die Sowjetunion, wo er vergeblich versuchte, Stalin für seine Idee zu gewinnen, das Empire in Indien anzugreifen. Der schickte ihn weiter nach Deutschland – kurz bevor Hitler die Wehrmacht in die Sowjetunion einmarschieren ließ. Damit steckte Bose in der Falle: Eine Rückkehr nach Indien auf dem Landweg war unmöglich geworden. Hitler hielt zwar auf der einen Seite offenbar nicht viel von Bose, betrachtet ihn aber möglicherweise als ‚nützlichen Idioten’, der ihm im Kampf gegen Großbritannien
gute Dienste leisten könnte. Bose plante nämlich den Aufbau einer indischen Nationalarmee (INA). Die sollte aus indischen Soldaten in britischen Diensten, die in Kriegsgefangenschaft geraten waren, sowie den vielen in Südostasien ansässigen Indern rekrutiert werden. An der Seite der Japaner wollte er seine Heimat vom britischen Kolonialjoch befreien. Besonders dramatisch ist die Geschichte seiner Fahrt von Deutschland nach Südostasien, die ich nachstehend im Bericht von Hermann Wien (Hermann Wien †, Download von http://uk-muenchen.de – Website der Ubootkameradschaft München 1926), eines Besatzungsmitgliedes von U 180, wiedergebe:
U-180 UND DIE GEHEIME REICHSSACHE
Die Unternehmung:
Man kann annehmen, nicht weil wir U-180 waren, sondern, weil wir um diese Zeit auslaufbereit waren, dürfte das Los auf uns gefallen sein, mit der nun beginnenden Fernunternehmung. Gerüchte gingen durch das Boot, wohin wird’s wohl gehen, Auslauftermins wurden festgesetzt und wieder verschoben, geht’s nach Singapur oder nach Japan, oder sonst wohin nach Fernost ? Das waren die Parolen, welche uns alle bewegten. Wohin, das wusste sicher nur unser Kommandant KKpt. Werner Musenberg. Aus eigenem Erleben möchte ich nun schildern, wie damals alles lief, denn ich hatte am Abend vor dem Auslaufen Wache als O.v.D. und schlief die Nacht an Bord. Gegen 21.00 Uhr meldete der Posten vor dem Boot einen PKW auf der Pier. Ein Offizier der Flottille, welcher sich entsprechend ausweist, läßt Koffer und Gepäckstücke an Bord bringen. Stillschweigen wird für alle befohlen. Am anderen Morgen mache ich mit der 1. Maschinenwache die Motorenanlage seeklar. Der Abschied ist wie immer von den Angehörigen und Freunden, der Flottillenchef hält eine kurze Ansprache. Wir legen ab, es wird gewunken, unser Bug richtet sich Fördeauswärts, nichts Außergewöhnliches hat sich ereignet. In der Mitte der Förde, querab von Laboe, stoppt das Boot, eine Motorpinass kommt längsseit, 2 Herren steigen ein. Wir nehmen wieder Fahrt auf. Ein Rätselraten beginnt an Bord, wer sind die beiden Herren, mit fremdländischer, gelblich-brauner Gesichtsfarbe? Dunkle Kleidung und Hüte sowie dunkle Hornbrillen machen sie geheimnisvoll. Nach Beendigung meiner Maschinenwache um 12.30 Uhr sind aus den Herren bereits ‚U-Bootfahrer’ geworden, angezogen wie wir alle, ihre schwarzen Hüte haben sie gegen Offiziermützen gewechselt. Einer der beiden ist kräftig und untersetzt, ca. 1,70 m groß, der andere wirkt klein und schmächtig. Im Geleitschutz geht die Fahrt weiter, vorbei an den dänischen Inseln, Skagerrak, bis Christiansand. Niemand darf an Land. Die wildesten Gerüchte schwirren durch das Boot. Einer meint gar: „Das ist der ‚indische Adolf’, der war doch erst bei Hitler ganz bestimmt hab’ ich den vor nicht allzu langer Zeit in einer Illustrierten gesehen.“
Unser Kommandant gibt jedoch bekannt, daß es sich um 2 Fachingenieure für U-Bootbunkerbau handelt, welche wir in Norwegen absetzen. Am nächsten Tag, in den Nachmittagsstunden, erreichen wir Egernsund bei Bergen. Niemand verläßt das Boot, unsere Gäste machen keine Anstalten, auszusteigen. Erst am anderen Morgen, als wir ohne Geleitschutz für lange Zeit dem Lande den Rücken kehrten, wurden wir über die Identität unserer Gäste und das Ziel unserer Fahrt eingeweiht. Erst jetzt machte uns unser Kommandant, in weiser Voraussicht, mit dem geheimnisumwitterten Vorgang von höchster politischer Brisanz vertraut. Wir hatten in Kiel den indischen Freiheitskämpfer Subhas Chandra-Bose und seinen Adjutanten Habid Hasan an Bord genommen, unsere Aufgabe war, beide unbeschadet in’s Seegebiet von Madagaskar zu bringen, um sie dort zur Weiterfahrt nach Indien bzw. an die Burmafront, an das japanische U-Boot I-29 zu übergeben.
Subhas Chandra-Bose kam im Jahre 1941, noch vor Beginn des Rußland-Feldzugs auf seiner Flucht aus Indien über den Khyber-Pass nach Afghanistan. Sein Weg führte weiter über Kabul nach Rußland, um nach der Verfolgung durch die britische Kolonialmacht Indiens, Deutschland zu erreichen. Hier in Deutschland scharte er nahezu alle in Europa lebenden Inder um sich. Außerdem Kriegsgefangene der britisch-indischen Kolonialstreitmacht aus dem Afrika-Feldzug. Mit Hilfe der Wehrmacht bildete er damit die Kadergruppe ‚Legion Freies Indien’. Mit diesen gut ausgebildeten Leuten wollte er in seinem Heimatland den Kampf gegen die britische Kolonialmacht aufnehmen. Hitler erhoffte sich durch diesen militärischen Widerstand in Indien eine Entlastung auf dem europäischen Kriegsschauplatz. Um in sein Heimatland zu kommen, blieb zur damaligen Zeit 1943, für Bose nur noch der Seeweg offen. Aber es kam alles ganz anders. Wir jedoch erfüllten unsere Aufgabe, trotz mancherlei Hindernissen und Gefahren, klappte unser Auftrag minutiös. Am 22. April 1943 konnten wir die beiden Inder an das japanische U-Boot I-29 übergeben.
Nach etwa 10 Tagen erreichten wir den freien Atlantik, die Hauptgefahrenzone lag hinter uns, das Wetter war besser geworden, wir gingen auf Kurs Süd. Unsere beiden Gäste, welche während der Schlechtwetterphase die meiste Zeit in ihren Kojen verbrachten und wenig Nahrung zu sich nahmen, lebten jetzt wieder auf,
zeigten einen gesunden Appetit, sie lebten sich in die Bordgemeinschaft ein und waren gute, kameradschaftliche Reisegefährten. Herr Bose sprach ein leidliches Deutsch, deshalb war es nicht leicht, mit ihm in eine fließende Unterhaltung zu kommen. Um mit den Worten unseres Leitenden Ingenieurs zu sprechen, er war eine würdevolle, introvertierte Persönlichkeit, mit fürstlich zurückhaltendem Auftreten. Man glaubte, ihm seine Probleme anzusehen. Er schrieb sehr viel; wie mir Herr Hasan sagte, arbeitete er an seinem Buch ‚Mein Kampf für Indiens Freiheit!’. Herr Habid Hasan, der Adjutant, war weniger zurückhaltend, sprach sehr gut Deutsch, fast mit Berliner Dialekt. Er hatte in Oxford studiert, war 28 Jahre alt. Kurz vor dem Kriege kam er nach Deutschland und studierte weiter auf der TH in Berlin, Straßenbau. Ich konnte mich oft mit ihm unterhalten, denn er war mein Kojen-Obermann. Fast kann man sagen, er war ein Witzbold, denn auch mit Witzen über die Größen des 3. Reiches hielt er sich nicht zurück. Von ihm konnte ich erfahren, daß die britische Regierung ein Kopfgeld von 1000 Pfund ausgesetzt hatte. Uns allen war zu der Zeit kaum richtig bewußt, welch großer Mann Bose zur damaligen Zeit für sein Land war. Im Gegensatz zu Ghandi, welcher den gewaltlosen Widerstand gegen die britische Kolonialmacht anstrebte, war er für militärische Gewalt. Bose hat Indien nicht erreicht. Auf dem Wege von Japan zur Burma-Front bzw. Indien ist er verschollen. Es wird angenommen, daß er mit einem japanischen Flugzeug abstürzte, aber es gibt auch andere Versionen. Die nächste Abwechslung im eintönigen Südmarsch war die Äquatortaufe, fast schon bedenklich, wegen der auch in diesem Seeraum beginnenden Flugüberwachung. Alle kamen sie dran, um vom Schmutz der nördlichen Halbkugel gereinigt zu werden. Auch unsere Gäste überstanden die Tortouren mannhaft.
Der Treff mit dem Japaner:
Unsere ganze Aufmerksamkeit war jetzt auf das bevorstehende Zusammentreffen mit den Japanern gerichtet. Beim Dämmerungstauchen am frühen Abend des 20. April hört der Funker Schraubengeräusche eines dieselgetriebenen Schiffes! Nach dem Auftauchen wird vom Stb.-Ausguck am nachtschwarzen Horizont ein hin- und hertaumelnder Schatten gesichtet. U-180 hängt sich an, wir werden nicht gesehen. Laut Navigation stimmt die Position (Planquadrat KR 5276) östlich Madagaskar, Schiffsform und Größe lassen keinen Zweifel, es ist der japanische U-Kreuzer I-29! Er sieht uns nicht, er kann uns gar nicht sehen, weil er mit seinen Turmaufbauten viel zu hoch aus dem Wasser liegt. Was für ein Glück für die ‚Söhne Nippons’, daß wir ‚Achsenpartner’ sind. Noch im Dunkel der Morgendämmerung tauchen wir. Bei beginnendem Tageslicht wird wieder aufgetaucht, I-29 steht knapp 3 sm querab. Der Austausch der vereinbarten Flaggensignale war jetzt nur noch Formsache, man hatte sich erkannt, der Treff war perfekt.
Übergabe und Übernahme:
Zunächst wurde versucht, beide Boote in geringem Abstand nebeneinander zu bringen. Wegen kabbeliger See, wobei sich beide Boote vollkommen unterschiedlich verhielten, mußte zunächst das Aus- und Einladen verschoben werden. Personenbeförderung wäre wohl möglich gewesen, jedoch der Austausch kostbarer und z.T. sperriger Güter war unmöglich. 2 Tage marschierten wir, mit Kurs Nord, hinter dem Japaner. Dann wird die See ruhiger, der Wind flaut ab. Große Kisten, nur teilweise durch’s Torpedoluk zu übernehmen, werden an Bord gehievt. Wir befördern unsere nach drüben zum Japaner. Es findet ein regelrechter Austausch neuer Waffen und Erfindungen statt. Dies alles geschieht mit Schlauchbooten. Der Wettergott meint es weiter gut, alles geht reibungslos vonstatten. Zwischendurch besichtigen deutsche U-Bootmänner den Japaner und die Japaner U 180. Kommentar auf U 180: Sonst alles tadellos, genau wie bei uns, bloss mehr Platz für die Besatzung. Zum Schluß verabschieden sich Bose und Hasan. Mit Schwimmwesten umgetan, klettern die beiden in das auf- und abtorkelnde japanische Schlauchboot. Sie winken zurück! Anstelle der indischen Freiheitskämpfer steigen auf U 180 zwei japanische Ingenieur-Offiziere ein. Beide Schiffbau-Offiziere, der Freg.Kpt. Emi und Korv.Kpt. Tomonaga, sollen in Deutschland mit den Neuheiten im U-Bootbau und Ausbildung vertraut gemacht werden (die japanischen Offizier Tomonaga und einen weiteren japanischen KKpt. Shosi erreichten auf der Rückfahrt nach Japan die Kapitulation auf U 234, beide nahmen sich das Leben). Nach beendetem Austausch wird den scheidenden und an Bord gekommenen Gästen ein dreifaches, kameradschaftliches Hurra ausgebracht.
Sofort nach seiner Ankunft in Südostasien machte sich Bose an den Aufbau der INA. Er hatte aufgrund seines legendären Rufes wenig Probleme, Rekruten zu finden. Bereits nach kurzer Zeit hatte er eine beachtliche Zahl von zukünftigen Kämpfern um sich geschart, die ein militärisches Training erhielten. Anfang 1944 war es so weit: Die INA war kampfbereit und Bose verlegte ihr Hauptquartier von Malaya nach Rangoon. Der ‚Netaji’ fungierte in Rangoon neben seiner Rolle als Führer der Exilarmee auch als Vertreter des ‚Freien Indiens’ in Burma, das seit dem Erlass des ‚Burma Acts’ nicht mehr zu British India gehörte. Dort traf er unter anderen Rolf Magener und Heinz Have, zwei Deutsche, die sich unter abenteuerlichen Umständen vom indischen Dehra Dun (nahe Delhi), wo sie gemeinsam mit Heinrich HARRER (Sieben Jahre in Tibet) interniert waren, nach Burma durchgeschlagen hatten (nachzulesen in Die Chance war Null von Rolf MAGENER). Sie teilten mit Bose nicht nur die anti-britischen, sondern auch die anti-japanischen Ressentiments, die sich bei allen mittlerweile aufgebaut hatten. Die Kämpfer der INA nahmen an der Offensive der Japaner im April/Mai 1944 gegen Indien teil (Gefechte in Kohima und Imphal), die in eine Katastrophe mündete: Die Gegenoffensive der Briten endete schließlich mit der Eroberung Rangoons. Die INA kam nie über den Rang einer Hilfstruppe auf dem Kriegsschauplatz hinaus, aber nach Kriegsende ging es ihren Kämpfern schlecht. Soweit sie überlebten, wurden sie wegen Kollaboration mit dem Feind belangt. Selbst viele ihrer Landsleute betrachteten sie als Verräter! Ganz im Gegensatz zu Aung San, dem Führer der Burma National Army (BNA), der im Grunde genommen auch ein Kollaborateur war (unter alliierten Soldaten war die BNA als BTA bekannt: Burma Traitor Army).
Es gab in Großbritannien nicht wenige, die forderten, ihn vor ein Kriegsgericht zu stellen. Aber im Gegensatz zu den Soldaten der INA wurde er noch gebraucht. Bose selbst floh 1945 Richtung Japan, kam aber wahrscheinlich auf dem Flug dorthin um. Manche seiner heute noch zahlreichen Verehrer glauben, dass er nicht gestorben ist, und so besteht auch fast 70 Jahre nach seinem Tod noch ein Kult um den Verschollenen.
Doch ganz abgesehen von solchen generellen Betrachtungen über Hitler und andere ‚Führer’ gibt es in Myanmar noch eine spezielle nationale Komponente: Den Setkya Min! Das Wort ist eine burmesische Verballhornung des Pali-Begriffes cakkavatti (Universalherrscher) und wird am besten mit ‚Hakenkreuzprinz’ übersetzt (das Hakenkreuz ist ein altes Sonnenzeichen). Einer Legende zufolge galt jener als der zukünftige Buddha Maitreya (Pali: Metteya) und eine Wiedergeburt König Alaungsithus, eines der mächtigsten Herrscher der Bagan-Dynastie. Gegen Ende des Weltzeitalters und in einer Zeit des moralischen Niederganges würde er in Myanmar erscheinen. Dann sollte nicht nur die ganze Welt nach den Gesetzen der buddhistischen Lehre regiert werden, sondern auch Reichtum im Lande herrschen. Historisch fassbar wird er als ‚Der Prinz von Naunggyan’, der der Ehe des Königs Bagyidaw (reg. 1819-1837, unter seiner Herrschaft kam es zum ersten Anglo-Burmesischen Krieg) mit der Königin Mae Nu entstammte. Diese war vor ihrer Heirat ein, wie manche sagen, ‚ordinäres Fischweib’. Dazu würde auch passen, dass sie angeblich ein intimes Verhältnis mit dem Abt des Königs hatte, für den sie in Innwa (Ava) ein großes Kloster, das Maha Aungmye Bonzan, errichten ließ. Es wurde bei dem Erdbeben 1839 zerstört, aber 1873 wieder aufgebaut. Andere wiederum beschreiben sie als einfaches Mädchen vom Lande.
Wie auch immer: Es heißt, dass jener Prinz in eine Palastrebellion verwickelt war und zusammen mit vielen anderen Beschuldigten von König Tharawaddy zum Tode verurteilt wurde. Da kein königliches Blut vergossen werden darf, wurde er in einen mit Steinen beschwerten samtenen Sack eingenäht und in einen See geworfen, um dort jämmerlich zu ertrinken. Just als er sich in freiem Fall befand, kam der legendäre Magier (burm. wei’ za) und Supermann Bo Bo Aung durch die Luft gesaust, schnappte sich den Sack und flog mit ihm davon. Statuen von ihm (meist dargestellt als ein ganz in weiß gekleideter Mann mit einem Turban und einem Stock in der Hand) finden sich auf zahlreichen Pagoden im ganzen Lande. Die Legende des Hakenkreuzprinzen beinhaltete, dass er der König, der eines Tages von den Göttern erworbene Kriegsmaschinen besitze, sein würde. Voraussagen von Astrologen und an ihm wahrgenommene Zeichen und Omen wiesen ihn als ‚großen zukünftigen Herrscher’ aus. Es handelt sich hier also um eine Gestalt mit messianischen Zügen. Und nun, in einer Zeit tiefster nationaler Erniedrigung durch die englischen Kolonialherren, als Bauernaufstände wie der von Hsaya San grausam niedergeschlagen und ihre Führer aufgehängt wurden wie Schwerverbrecher, kam im fernen Deutschland ein Arier, Angehöriger der Setkya-Rasse, im Zeichens des Hakenkreuzes an die Macht. Und begann sogar noch einen Krieg gegen die Briten – das konnte doch kein Zufall sein! Zumal er auch noch Vegetarier war, keinen Alkohol trank und als Junggeselle enthaltsam lebte. Und so kam es, dass viele Burmesen Hitler als den Hakenkreuzprinz verehrten – oder das immer noch tun