Klassische Musik in Myanmar
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die burmesische Musik selbst dem Wohlmeinenden und Interessierten den Zugang sehr schwer macht. Die Burmesen sind, wie so oft, auch in dieser Hinsicht Extremisten: Während z. B. die Gamelan-Musik Javas auf viele Menschen im Westen durchaus melodisch und sogar beruhigend wirkt, findet man das in der klassischen burmesischen Musik selten. Das leise Soloinstrument Harfe kommt unseren Verständnis von Harmonie noch am nächsten! Sobald sich jedoch mehrere Musikanten zueinander gesellen, wird es schwierig. Mir selbst kam es lange so vor, als ob sich beim burmesischen Orchester alle Musikanten verabredet haben, ja nicht so zu spielen, dass eine Harmonie erzielt wird. Auch der Gräfin NOSTITZ ging es nicht besser als mir, sie bemerkt: Begleitet von der des Taktes völlig entbehrenden Musik, eigentlich einem bloßen Lärm von Zimbeln, Trommeln und einer Art Glasharmonica … Aber es gibt auch Ausnahmen, wie die Gräfin bei einer Karen-Totenfeier bemerkte: … einen Klagegesang erhebend, welcher auch in der Nähe nicht unangenehm gellend, vielmehr höchst ausdrucksvoll klang und sich durch Melodie, Harmonie und Takt sehr vorteilhaft von dem wüsten Lärm der Trommeln, Cymbeln und Pfeifen unterscheidet, der bei fast allen asiatischen Völkern sonst die Stelle der Musik vertritt. (Helfers Reisen, S. 199). Und auch die Musik bei Geisterzeremonien (na‘ pwe:) hat schon Drive! Sehr wild! Trotzdem die traditionelle Musik Myanmars beim Volk mit Abstand die beliebteste Form ist, hat das Land – was viele überraschen wird – eine sehr lebhafte, westlich beeinflusste Musikszene. Neben der allgegenwärtigen U-Musik, auf die ich gleich eingehen werde, gibt es auch E-Musik westlicher Prägung …
Eine nette Amerikanerin namens Kit Young hat gita meit (burmesisch für: Musikfreunde) ins Leben gerufen, wo interessierte junge Burmesen an die westliche Klassik herangeführt werden: Dort lernen sie Piano, Violine, Cello und was es sonst noch Schönes gibt. Der seinerzeitige deutsche Botschafter, Herr Dr. Ley, selbst begeisterter Pianist, gründete das German Classical Music Festival und sorgte dafür, dass deutsche Solisten eingeladen wurden, darunter mein verdienter Freund, der Violon-Cellist Friedrich Kleinknecht. Mit zunehmender Öffnung des Landes nahm auch die Anzahl der Veranstaltungen zu, bei denen deutsche Musiker mitwirkten. Unvergesslich bleibt mir eine deutsche Jazztruppe, den Namen habe ich leider vergessen. Sie traten im Ballroom des Strand Hotels auf und versuchten sich nach ein paar Standards zusammen mit einem burmesischen Saing-Waing-Ensemble an einer Fusion zwischen klassischer burmesischer Musik und Jazz: Recht interessant, wie ich fand, obwohl es irgendwie nicht zusammen passte – aber das ist wie gesagt nur die Meinung eines Ignoranten, als welcher ich mich bekenne. Unvergesslich bleibt mir jedoch die Darbietung von Der Mond ist aufgegangen, meiner Meinung nach eines der schönsten deutschen Lieder. Das klang dermaßen schräg und schrill, dass die Leute aus dem Saal liefen. Na, mit solchen Missinterpretationen stehen sie ja nicht allein, wie uns Der weiße Neger Wumbaba lehrt …