Wasserfest 2021

Wassserfest 2019 in Yangon
Er ist auch gut drauf!
Wasserfest ganz privat

Auch dieses Jahr wird Thingyan wieder ausfallen. Letztes Jahr wegen der Covid-Epidemie, dieses Jahr wegen des Militärputsches. Ältere Menschen empfinden den Ausfall womöglich als Segen: Keine laute Musik, keine Horden von Betrunkenen. Stattdessen meditative Stille. Für viele junge Leute hingegen ist es sicher eine große Enttäuschung. Auch für jene, die mit dem Aufbau und der Vermietung von Tribünen viel Geld verdienen. Und auch LKW-Besitzer sowie Musiker und Tänzer mussten leiden. Wenn man sieht, wie ausgelassen es z. B. 2019 zuging, kann man sich nur wünschen, dass sich die Lage bald wieder normalisiert. Wie auch immer, ich wünsche euch allen ein frohes Neues Jahr 1383 Burmese Era. Diese Zeitrechnung (thekari’) wurde früher in weiten Teilen Südostasien benutzt. Heutzutage sieht es so aus, dass sie nur noch Myanmar von Bedeutung ist. Sie wird zur Datierung traditioneller Feierlichkeiten benutzt. Manch ein Leser mag sich schon Gedanken darüber gemacht haben, warum die Daten burmesischer Festivals sich dauernd ändern. In einem Jahr fällt Thadingyut in den Oktober, im nächsten dann in den September. Das Neujahrsfest hingegen ist immer am 17. April. 

Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass die Burmesen einen Lunisolarkalender benutzen. Die Monate folgen dem Mondkalender, die Jahre hingegen dem Sonnenkalender. Daher wird regelmäßig ein Schaltmonat (2nd Waso) eingefügt.

Was passiert denn nun eigentlich genau an Thingyan? Das burmesische Wort ist eine Verfälschung des Sanskritwortes Sankranti, das Übergang bedeutet. Um diesen Tag herum wandert die Sonne ins Sternbild Widder. Wie allgemein bekannt, beginnt das Wasserfest am 13. April. Es ist noch nicht sehr lange her, dass die Thingyan holidays zehn Tage dauerten. Vor einiger Zeit wurden sie verkürzt, um zu verhindern, dass das ganze Land für so eine lange Zeit still steht. Jedoch: Keine Sorge! Die ‘verlorenen’ Tage werden nachgeholt, indem andere Feiertage verlängert werden, z. B. Thadingyut. 

Das Foto rechts zeigt den Eingang eines verfallenden kleinen Tempels in Indein (Inle Lake). Links sieht man Matali, der in sein Buch schreibt. Rechts ist Thagyarmin zu sehen, der aus einem Kännchen den Nektar der Unsterblichkeit (amrita, ambrosia) ausgießt. Diese Figur ist auch auf den Shwedagon oft zu sehen, z. B. an den Planetenandachtsstätten. Er ist derjenige, der hinter der Buddhastatue steht und eine Sakralmuschel (conch) in den Händen hält. Aus dieser gießt er den Nektar der Unsterblichkeit über die Buddhastatue.

Der Götterkönig (re.) und sein Fahrer Matali

Am 17. April kommt der Götterkönig Thagyarmin (Sakka), der Herrscher von Tavatimsa, mit seinem wunderschönen Prachtwagen aus seinem himmlischen Domizil auf die Erde hinunter. Der Wagen wird von Matali gelenkt. Dieser trägt zwei Bücher mit sich. Eines mit goldenem Einband, das andere mit einem Einband aus Hundeleder. In einem sind die guten Taten der Gläubigen notiert, in anderen die schlechten. Vielleicht könnt ihr mal raten, welche Taten in welchem Buch festgehalten werden … Dann belohnt Thagyarmin jene, die mit guten Taten Verdienste erworben haben, und bestraft jene, die das Gegenteil getan haben. 

Maha Peinne im Geisterschrein des Mt. Popa

Wie zu erwarten, gibt es mehrere Legenden über das Wasserfest. Eine davon erzählt die Geschichte des Roten Brahma (Athi). Der ging eine Wette mit Thagyarmin ein, in der er behauptete, dass die Woche acht Tage hat. Der Verlierer sollte seinen Kopf einbüßen. Nach burmesischem Verständnis hatte er sicher Recht, aber das half ihm nicht viel. Widerstrebend schlug ihm also Thagayarmin den Kopf ab. Um ihn jedoch am Leben zu halten, sandte er einen weisen Mann aus, den er beauftragte, ihm den Kopf des ersten Lebewesens zu bringen, dem er begegnete. Dies war ein goldener Elefant. Seitdem ist er unter dem Namen    Maha Peinne (große Wonne) bekannt. Er ist den Menschen zugetan, weil einer von ihnen ihm das Leben gerettet hat. Mahapeinne ist mit der Hindu-Gottheit Ganesh identisch. Die Burmesen verehren ihn als nat (siehe nebenstehendes Foto im Geisterschrein von Mt. Popa). Wie auch immer, der wieder gewonnene Kopf löste ein anderes, viel schwerwiegenderes Problem nicht. Athi’s abgeschlagener Kopf war so heiß, dass er die ganze Erde verbrannt hätte, wenn er sie berührte. Daher übergab Thagyarmin den Kopf an sieben Göttinen (nat thami), die ihn abwechselnd für je ein Jahr aufbewahren sollten. Zu Thingyan wurde der Kopf an die Nächste übergeben. Und um den Kopf abzukühlen, wurde er ausgiebig mit Wasser begossen. Generell kann man wohl davon ausgehen, dass durch die Wassergüsse die Sünden des vergangenen Jahres abgewaschen werden sollten. Zudem stellt es eine Bitte um Regen dar. Oftmals fällt der erste Regen zur Zeit des Wasserfestes.  

Einer anderen Legende zufolge versprach Thagyarmin’s dem Buddha Gautama, sich um die Menschen zu kümmern. Vor allem in der zweiten Hälfte der 5.000 Jahre, die seine Lehre überdauern sollte. Denn ursprünglich waren es nur 2.500 Jahre, die Verlängerung wurde auf Thagyarmin’s Bitte hin gewährt. Daher kommt er jedes Jahr zum Wasserfest zur Erde hinab, um zu sehen, ob alles seine Richtigkeit hat. 

Üblicherweise tut er das nur, wenn sich sein Thron aufheizt. Das bedeutet, dass irgendwo in der Menschenwelt etwas nicht in Ordnung ist. Wenn man sich die Welt heute anschaut, fragt man sich, ob er überhaupt noch Zeit hat, auf seinem Thron zu sitzen. Wie ich höre, hat sich auch Matali dem Civil Disobedience Movement angeschlossen, sodass sein Chef Thagyarmin ebenfalls nicht kommen kann.