Burmesische Namen

Viele Ausländer sind verwirrt, wenn es um burmesische Namen geht. Erst einmal ist es auffallend, dass es offenbar nur einen kleinen Fundus gibt, aus dem die Burmesen schöpfen können. So tragen viele Personen identische oder sehr ähnliche Namen. Nachstehend eine Auswahl: Aung bedeutet erfolgreich, selbst wenn der Träger des Namens eine Niete ist. Und auch ein hässlicher Mensch kann die Silbe Hla (= schön) in seinem Namen tragen – vielleicht war die Person als Kind hübsch, oder die Eltern haben es sich zumindest eingebildet.  Aye bedeutet ruhig, friedlich, Chit = liebenswert, Ei = sanft,  Gyi = gross, Htun = Schein, Glanz, Htut = Spitze, Khin freundlich, Ko = älterer Bruder, Kyaw = berühmt, Kyi = klar, rein, Lay = klein, Min = Prinz, Regierender, Mya = Smaragd, Myat/Myint = edel, Myo = Rasse, Naing = Sieger, Ngwe = Silber, Nu = sanft, Nyein = ruhig, Nyo = braun, San = außergewöhnlich, Sein = Diamant, Shwe = Gold, Suu = (ver)sammeln, Than = Million, Thein = Hunderttausend, Thiha = Löwe, Win = strahlend. Dann bleibt nur noch zu hoffen, dass die Träger der Namen ihnen auch Ehre machen … Für noch größere Verwirrung sorgt die Tatsache, dass es in Myanmar keine Familiennamen in unserem Sinne gibt. Die Namen spiegeln daher eher die Wünsche der Eltern wider als die Familienzugehörigkeit. Obwohl moderne Burmesen dazu übergegangen sind, eine Silbe aus dem Namen des Vaters zu übernehmen und dadurch doch wieder so etwas wie einen Familiennamen schaffen. Dass eine Person allerdings den kompletten Namen des Vaters dem ihren vorstellt (wie Frau Aung San Suu Kyi) ist dagegen eher selten und lässt auf andere Gründe schließen. Genau so wenig angebracht ist es allerdings, den langzeitigen Chef der Militärjunta, Senior General Than Shwe, einfach Shwe zu nennen, wie es der SPIEGEL tat  (https://www.spiegel.de/politik/ausland/militaerjunta-in-burma-die-brutalen-herrscher-von-naypidaw-a-508481.html). Na, immer noch besser, als wenn sie seinen Namen mit ‚Goldene Kopflaus‘ übersetzt hätten …

Viele Burmesen haben mehrere Namen: einen offiziellen, einen Hausnamen und oft auch noch ein Spitznamen. Nehmen wir mal meine Schwägerin, Frau Sein Lay Thu (Die leuchtende Grüne).  Daheim wird sie allgemein Thanda genannt. Ihre Spitzname ist Nan Nan Se. (Koriander). Im Gegensatz zu Deutschland ist es In Myanmar nicht besonders problematisch, seinen Namen zu ändern. Wenn z. B. der Astrologe der Meinung ist, dass der Name unheilbehaftet sei, kann der Träger eine Namensänderung beantragen. Das muss in der Zeitung bekanntgegeben werden und dann wird er in der ID-Card dem ursprünglichen Namen nachgestellt. 

Mönche tragen oft sehr lange Namen, wie z. B. der Sithagu Hsayadaw, der offiziell  Ashin Nyanissara heißt.  Wenn man all seine Titel hinzufügt, ergibt sich folgender Name: 

Ashin Nyanissara Mahādhammakathika Bahujanahitadhara Mahādhammakathika BahujanahitadharaAggamahā Paṇḍita Aggamahā Ganthavacakapaṇḍita Abhidhajamahārahthaaguru *=  65 Silben – wenn ich richtig gezählt habe.

*Mahādhammakathika Bahujanahitadhara (great Dhamma preacher) Mahādhammakathika Bahujanahitadhara (great Dhamma preacher and benefactor of many) Aggamahā Paṇḍita (very excellent wise man) Aggamahā Ganthavacakapaṇḍita (great wise man in teaching and preaching) Abhidhajamahārahthaaguru (the Honourable, Excellent and Great Teacher of Country and the State).

Ich habe mir den Scherz erlaubt, mir selbst einen langen Namen zuzulegen, wenn auch nur mit 30 Silben. Weiter Informationen auf Wunsch … 

Ein besonders inniges Verhältnis haben die Burmesen offenbar zum Gold (shwei). Das Wort bezeichnet nicht nur das Metall, sondern steht auch für Größe und Zärtlichkeit. Daher tauchte es auch in Personennamen auf. Die Zahl der Tempel und Stupas, deren Name es enthält, ist Legion: Hier seien z. B. die Shwedagon in Yangon sowie die Shwezigon und die Shwehsandaw in Bagan genannt. Gold ist gut! Wenn man das Branchenverzeichnis aufschlägt, findet man seitenweise Firmen, die das Wort in ihrem Namen tragen: Golden Brothers, Golden Prawns usw. Oder halt in der burmesischen Form. Auch Golden Diamond ist sehr beliebt, wobei ich mich frage, welchen Sinn es macht, Diamanten zu vergolden. Oder besteht der König der Edelsteine hier womöglich aus Gold? In Myanmar ist nichts unmöglich …    

Viele wissbegierige Besucher Myanmars sind verwirrt angesichts der Tatsache, dass Namen für Burmesen offenbar eine ganz andere Rolle spielen als für westliche Ausländer. In Europa ist es immer möglich, die Bedeutung von Städtenamen herausfinden. Manchmal ist es leicht (Neustadt, Friedrichshafen usw.) in einem anderen Fall wieder schwierig (z. B. Köln, wo man auf seinen lateinischen Ursprung zurückgehen muss). Aber eine Bedeutung hat jeder Ortsname. Burmesen hingegen glauben oft, dass es ‚nur ein Name‘ ist, der nichts mit dem Ort zu tun hat. Als ich einen erfahrenen Reiseleiter am Bahnhof Mahlwagon in Yangon einmal fragte, was das bedeute, sagte er: „Das hat keine Bedeutung, es ist nur ein Name!“. Faszinierend! Nur, wie kann man so etwas glauben? Natürlich hat jeder Name eine Bedeutung: Warum soll man ihn denn sonst dem Ort oder einer Person gegeben haben? Also: Mahlwa ist die Bezeichnung für den Nutzbaum Markhamia stipulata und gon bedeutet Hügel. Somit bezeichnet es eine Anhöhe, auf der diese Bäume wachsen. Oder einmal gestanden haben – das kann sich ja im Laufe der Zeit ändern. Oder wie kann man glauben, dass der Name des Ortes Nyaunglebin keinerlei Bedeutung habe? Das heißt doch eindeutig vier Banyanbäume und die haben an diesem Ort einmal gestanden, bzw. tun es immer noch.