Schwarzmarkt für Fortgeschrittene

King of the Black Market

Aber das Johnny-Walker-Geschäft war nur etwas für Anfänger, ebenso wie der Schwarzmarkt, wo man Dollars gegen lokale Währung eintauschen konnte. Das war allerdings im Gegensatz zu Ersterem nicht legal und barg einige Gefahren – schließlich waren nicht alle Schwarzhändler so ehrlich wie mein alter Freund, der Tamile Victor! Ganz abgesehen von den allgegenwärtigen Spitzeln. Der fortgeschrittene Schwarzhändler-Tourist bediente sich des Diplomatic Stores. Das galt vor allem dann, wenn man beabsichtigte, größere Mengen an Waren bei der Ausreise mitzuführen. Zwar konnte man unbegrenzt auf dem Schwarzmarkt tauschen (s. o.), aber am Flughafen gab es nicht selten Probleme. Nämlich wenn die Zöllner fragten, wie man denn Souvenirs im Wert von 500 US-Dollar gekauft hätte. Auf der Money-Form sei doch nur ein Zehntel des Betrages eingetragen. Ganz abgesehen davon, dass man ja auch ein bisschen Geld zum Leben brauchte. So konnte es vorkommen, dass die Waren einfach beschlagnahmt wurden. Der ‚Dip-Store‘ hingegen war ein offiziell anerkannter Weg, günstig an lokale Währung zu kommen. Dort konnte man Waren in fast unbegrenzter Menge einkaufen – natürlich gegen legal getauschte Valuta – die man dann auf dem Schwarzmarkt verkaufte.

Export Duya

Sehr beliebt war der Einkauf von ‚Export Duya‘ Zigaretten, die damals Kultstatus besaßen. Mir ist bis heute schleierhaft, warum die Dinger das Wort Export im Namen führten – habe sie jedenfalls nie außerhalb Burmas gesehen. Ich erinnere mich noch an meinen ersten großen Deal mit Export Duya im Jahre 1978. Ich brauchte eine ganze Menge Geld zum Einkauf von Waren und kaufte zwei Waschkörbe voller Zigaretten im Diplomatic Store. Ich tauschte meine Dollars zum offiziellen Kurs am Counter der Staatsbank, bezahlte brav meine Schätze und draußen verluden meine Schwarzhändler-Kumpels sie in einen uralten VW-Bus. Mit dem fuhren wir einmal um den Pudding, bis ich meine – nun legal gewordenen Kyat – in der Hand hielt und mich verabschiedete. Schwierig wurde es, wenn der Dip-Store nicht genug Zigaretten auf Lager hatte. Dann hieß es auf andere Güter auszuweichen, die jedoch oftmals nicht so gute Kurse ergaben wie ‚Export Duya‘. Relativ gutes Geld gab es noch für Vitamin-Tabletten: Ich fragte mich immer, warum die so beliebt waren in einem Land, wo an jeder Ecke Früchte zu Dumpingpreisen angeboten wurden. Meine burmesischen Freunde klärten mich auf, dass die Vitamine in den Vitamintabletten viel besser seien als die im Obst und daher auch teurer – man lernt doch nie aus …

Klotzen statt kleckern!

Wenn jedoch weder Export Duya noch Vitamin-Tabletten am Lager waren, wurde es kompliziert. Mein Freund Victor hatte mir gesagt, dass es im Diplomatic Store Zigaretten in unbegrenzter Menge gäbe – Pustekuchen gab’s! Ich also wieder raus zu Victor (Schwarzhändlern war der Eintritt in die geheiligten Hallen verboten) und fragte, was ich jetzt machen sollte. Er schickte mich in den Nebentrakt, der zur Straße hin nur mit einem Gitter abgegrenzt war. Wo es keine Klimaanlage gab. Dort sollte ich Vitamin-Tabletten kaufen. Aber wieder Fehlanzeige! Victor war der Verzweiflung nahe, ebenso wie ich. Er hing draußen am Gitter wie ein Affe, gestikulierte wild hin und her und rief mir die Namen der Waren zu, die ich kaufen sollte. Butter? Wie bitte? Ja! Ja!, gestikulierte er und hob seinen Daumen. Na gut: Ich kaufte alles, was an Dosenbutter greifbar war, aber das reichte bei weitem nicht, um meinen Finanzbedarf zu decken. Schließlich erwarb ich zwei Fahrräder und kistenweise Batterien, die ich zu einem ziemlich schlechten Kurs eintauschte – aber immer noch günstiger als der offizielle! Erklärtes Ziel der Operation war es, legal erworbene Kyat in die ‚Money Declaration Form‘ eintragen zu können, mit denen man den rechtmäßigen Erwerb der ausgeführten Waren glaubhaft machen konnte.

Black Market Big Shots
Dienstabzeichen des Zolls

Als mein Warenbedarf immer größer wurde, ging ich dazu über, den Zoll direkt zu bestechen. Die Händler, bei denen ich kaufte, kannten fast alle Zöllner persönlich. Man suchte sich einen, der zur Zeit des Abflugs Dienst hatte und den musste man bestechen. Dem Mann wurde eine offizielle Liste der eingekauften Waren vorgelegt und dann handelte er mit dem Verkäufer einen Preis aus, der bei Ausreise zu entrichten war. Peinlich wurde es nur, wenn man am Zoll ankam und der bestochene Zöllner gerade anderweitig beschäftigt war. Irgendwie kam ich mir komisch vor, zu dem freundlichen Beamten, der mich abfertigen wollte, zu sagen: „Ich möchte gern von Ihrem Kollegen U Tin Maung abgefertigt werden!“. Aber der zuckte mit keiner Miene, rief seinen Kollegen herbei und dann lief die Sache reibungslos ab.