Buddhismus 9 - Bauwerke und Buddhabildnis
Das wichtigste Bauwerk in der buddhistischen Welt ist der Stupa (Pali: thupa). Das bedeutet wörtlich ‚Haarknoten‘, ‚Krone des Kopfes‘ und bezeichnet ursprünglich ein Grabmal, einen Erdhügel, der über der Asche eines Heiligen errichtet wurde. Im Laufe der Geschichte hat er sich zu einem Symbol des Buddhismus schlechthin entwickelt. Die ältesten erhaltenen Stupas stammen aus der Zeit Kaiser Ashokas (3. Jahrhundert B. C.). Er ist massiv gemauert (Ausnahmen bestätigen die Regel!), oft sind Reliquien eingeschreint. Seine Grundform ist der indische Typ, der mit kleinen Abweichungen noch heute in Sri Lanka bestimmend ist: Auf einer kreisrunden Basis erhebt sich eine oben etwas abgeplattete Halbkugel, auf der in einem quadratischen Steingitter ein kurzer Pfosten mit drei flachen Schirmen (Ehrenzeichen!) steht. Das Gitter hat häufig die Form eines Kastens, der mit Platten abgedeckt ist. In Sri Lanka wird dieser Kasten harmika genannt und dient der Aufbewahrung von Reliquien. In anderen Stupas können diese auch unter dem Bauwerk eingemauert worden sein (so in Myanmar) sein, aber stets in der Mittelachse.
Im Laufe der Geschichte haben sich in den buddhistischen Ländern verschiedene Stupatypen herausgebildet: In China ähnelt er einem Turm, in Tibet sieht er anders aus als in Thailand und selbst in Myanmar gibt es Unterschiede: Stupas im Süden des Landes (Shwedagon) unterscheiden sich deutlich von denen im Norden (Shwezigon). Und im Shanstaat wiederum sehen sie anders aus als bei den Mon. Und der Kaunghmudaw-Stupa in Sagaing (s. Foto) ist im klassischen singhalesischen Stil gebaut, wenn auch die harmika fehlt und durch einen burmesischen hti ersetzt wurde.
In den verschiedenen buddhistischen Ländern hat der Stupa unterschiedliche Bezeichnungen: In Myanmar heißt er Zedi, in Thailand Chedi, in Sri Lanka Dagoba und in Tibet Chörten, um nur einige zu nennen. Über seine Bedeutung wurde schon viel spekuliert. Viele sagen, er sei ein Abbild des Kosmos oder was auch immer. Was andere vehement bestreiten. Man könnte fast zu dem Schluss kommen, dass es so viele Deutungen wie Deuter gibt.
Burma: Das dominierende religiöse Bauwerk im Lande ist der Stupa. Allerdings gibt es hier keinen einheitlichen Typ: Stupas im Süden (Shwedagon in Yangon) unterscheiden sich deutlich von denen im Norden (Shwezigon in Bagan).
Ersterer hat eine achteckige Basis und ist ein Mon-Stupa, Letzterer eine quadratische und gilt als Prototyp des oberburmesischen Stupas. Für den vermutlich der Pyu-Stupa Modell gestanden hat. Und die schlanken Stupas im Shanstaat wiederum unterscheiden sich deutlich von denen im Rakhine-Staat. Der Kaunghmudaw-Stupa in Sagaing (s. Foto) hingegen ist im klassischen singhalesischen Stil gebaut, wenn auch die harmika fehlt und durch einen burmesischen hti ersetzt wurde.
Ein Tempel ist im Gegensatz zum Stupa ein Gebäude, in dem Buddhastatuen verehrt werden. Im Burmesischen wird daher deutlich zwischen zedi und pahto unterschieden. Sie haben sich offenbar aus Höhlentempeln entwickelt, nicht umsonst wird das Wort gu sowohl für das Heiligtum als auch für Höhlen benutzt.
Den oft gehörten Ausdruck Pagode benutze ich nicht gern: Es soll eine portugiesische Verballhornung des Wortes Dagoba sein und bezeichnet sowohl Tempel als auch Stupas, ist also unpräzise. Zudem wird es im Portugiesischen als ‚heidnisches Heiligtum‘ übersetzt, wenn ich recht informiert bin – es sollte daher vermieden werden! Leider hat es sich weitgehend durchgesetzt, aber das sollte uns Reiseleiter nicht davon abhalten, die korrekten Bezeichnungen Stupa oder Tempel zu benutzen.
Noch lange nach dem Tod des Buddhas wurde der Erleuchtete bzw. die Stationen seines Lebens nur anikonisch (d. h. nicht in menschlicher Form) dargestellt:
Die Glücksgöttin Gajalakshmi, von zwei Elefanten mit Wasser übergossen, stand für die Geburt.
Der Bodhi-Baum verkörperte die Erleuchtung Buddhas.
Das Rad der Lehre symbolisierte die erste Predigt und
der Stupa seinen Tod (besser gesagt: das nachtodliche nibbana)
In menschlicher Form wird der Buddha etwa seit dem 1. Jahrhundert A. D. dargestellt. Die ersten Buddhabildnisse entstanden im heutigen Pakistan (damals buddhistisches Reich Gandhara). Und zwar unter dem Einfluss der Griechen, die ihre Götter schon immer so porträtiert hatten. Daher sehen die frühen Buddhastatuen (man kann sie u. a. im Museum von Taxila nahe Islamabad bewundern) sehr griechisch aus: Griechisches Gewand, der Buddha als athletischer Mann (ähnlich wie Apollo), griechische Haartracht, ja manchmal sogar mit Bart (siehe Foto des Maitreya)! Im 5. Jahrhundert A. D. hatte sich das Buddhabildnis in seiner heutigen Form herausgebildet. Alle buddhistischen Länder entfernten sich im Laufe der langen Zeiträume vom indischen Vorbild. Der Buddha nahm mehr und mehr die Züge der jeweiligen Verehrer an: In Myanmar sieht er sehr burmesisch aus, in Japan eher japanisch und in Sri Lanka halt singhalesisch. Wir können diesen Prozess gut in Bagan verfolgen: In den älteren Tempeln sehen der Buddha und die Nebenfiguren noch sehr indisch aus, später nehmen sie immer mehr burmesische Züge an. Aus dem Gesagten geht schon hervor, dass der Mahamuni-Buddha keinesfalls zu Lebzeiten des Erleuchteten oder im ersten nachchristlichen Jahrhundert gegossen worden sein kann. Laut Oshegov entstanden Buddhastatuen im Königsornat ab dem Mitte des 1. Jahrtausends A. D.
Gestaltung und Proportionen des Buddhabildnisses sind genau festgelegt. Wir können dies sehr gut am Shwethalyaung-Buddha in Bago sehen, wo auf einer Tafel die Maße der Buddhastatue festgehalten sind: Man könnte fast sagen: Wenn die Nasenlänge einmal festgelegt wurde, ergibt sich alles andere von selbst. Der Buddha hat 32 große und 80 kleine Merkmale (lakkanas), die nicht alle bildlich dargestellt werden. Zu den sichtbaren gehören z. B. die Stirnlocke unalon, gekräuselte Haare, lang gezogene Ohren usw.
Gebärdensprache (Asanas und Mudras)
Der Buddha wird in drei Körperhaltungen (asanas) dargestellt: stehend/schreitend, liegend (meist beim Übergang ins parinibbana) oder sitzend. Letztere Form überwiegt bei Weitem. Hier unterscheiden wir verschiedene Sitzhaltungen. Am häufigsten ist der Lotussitz (padmasana): Gekreuzte Beine, beide Füße liegen auf den Unterschenkeln, die Sohlen zeigen nach oben. Beim Heldensitz (virasana), der auch oft zu sehen ist, ist ein Fuß untergeschlagen. Daneben gibt es noch die von indischen Götterstatuen bekannte lalitasana (die ‚bequeme Sitzhaltung‘, ein Bein ist angezogen, das andere hängt herab) oder pralambhasana, die ‚europäische‘ Position: auf einem Stuhl oder Thron sitzend, beide Beine auf den Boden gestellt. Der Zukunftsbuddha metteya wird gern so dargestellt, desgleichen die Szene im Wald von Parileyaka (zu sehen u. a. im Sulamani-Tempel in Bagan).
Größere Bedeutung als die asanas haben für die buddhistische Ikonographie die mudras (Gesten). Der Name bedeutet eigentlich ‚Siegel, Zeichen‘ und bezeichnet verschiedene Handhaltungen, die Unterschiedliches ausdrücken. Theoretisch gibt es davon Hunderte, wenn nicht Tausende (siehe z. B. das Buch ‚Burmese Buddhist Iconography‘, in burmesischer Sprache). Ein wichtiger Grundtyp ist die Meditationsgeste dhyana-mudra: Beide Hände liegen im Schoß. Diese mudra sieht man oft in Kombination mit anderen: Die linke Hand liegt im Schoß, die rechte zeigt eine andere Haltung – eine beidhändige dhyana-mudra ist hierzulande eher selten anzutreffen.
In Myanmar haben wir ‚Glück‘: Man kann sagen, dass ca. 95 % aller Buddhastatuen die Erdberührungsgeste (bhumispassa–mudra) zeigen. Die linke Hand liegt im Schoß (Meditationsgeste), die rechte weist mit dem Handrücken zum Betrachter auf die Erde: Der Buddha ruft angesichts der angreifenden Armee Maras die Erdgöttin als Zeugin der Entbehrungen an, die er auf sich genommen hat, um erleuchtet zu werden. Manchmal sieht man auch seltsame Formen wie z. B. auf der Shwezigon (Bagan) nahe der Tempelfahne (tagondaing) in einem Schrein: Nur EIN Finger Buddhas weist auf die Erde – warum weiß wohl allein der Mann, der die Statue gemacht hat. Man sollte in solche Darstellungen auch nicht zu viel hinein interpretieren.
Weitere mudras, die man in Myanmar sieht, sind:
dhammachakkapavatana-mudra oder kurz dhammachakka: Die ‚Geste des Andrehens des Lehrrades‘ symbolisiert die erste Predigt. Daumen und Zeigefinger/
Mittelfinger der rechten Hand bilden einen Kreis, der das Rad der Lehre symbolisiert. Mit dem Zeigefinger der Linken wird es symbolisch in Bewegung gesetzt. Zu sehen z. B. im Ananda-Tempel (Nord- und Südeingang).
abhaya: Die ‚Geste der Schutzgewährung‘ zeigt den Buddha mit erhobener Hand, die Handfläche weist zum Betrachter und signalisiert: ‚Fürchte dich nicht!‘.
vitarka: Die Geste der Wunschgewährung ist der Erdberührungsgeste sehr ähnlich, nur zeigt die Handinnenfläche nach vorn. Sie wird häufig dadurch ergänzt, dass der Buddha eine Myrobalam-Frucht in der Hand hält, die Medizin symbolisiert – dies ist nicht wörtlich zu nehmen, es handelt sich dabei natürlich um die Lehre! Die Bezeichnung ‚Apotheken-Buddha‘ oder ‚Medizin-Buddha‘ ist daher unpassend und kindisch. Der richtige Ausdruck lautet Bhaisajya-Guru (wörtlich: Lehrer der Heilmittel)! Diese Darstellung findet sich oft in den Pindaya-Höhlen, aber auch der östliche Buddha des Ananda-Tempels zeigt diese Geste (s. Foto). Bei stehenden Statuen des Erleuchteten sieht man oft, dass die linke Hand den Gewandzipfel hält. Was nicht selten als vitarka-mudra interpretiert wird. Eine (fast) komplette Sammlung von Mudras findet sich im hinteren Bereich der Pindaya-Höhle.
Sehr populär in Myanmar sind Darstellungen des de‘ khi.na. tha kha Buddhas. Diese Figuren sind in der Regel nicht besonders kunstvoll gestaltet, sie wirken eher roh und unbehauen. Was ihrer Legende geschuldet ist: Als nach dem Tod des Erleuchteten seine Reliquien verteilt wurden, kamen die Abgesandten des Königs von Sri Lanka zu spät. So beschlossen sie, aus einem südwärts Richtung Sri Lanka (dakshina=Süden, Skrt.) gerichteten Ast des heiligen Bodhi-Baumes eine Figur zu schnitzen. Da sie keine gelernten Holzschnitzer waren, fiel diese etwas unbeholfen und gedrungen aus. Die Kopfbedeckung ist ungewöhnlich, sie besteht aus Lotusblättern. Nach burmesischem Volksglauben kann sein Bildnis Feuer im Hause verhüten.