Buddhismus 7 - die Kosmologie

Die Welt auf einer alten burmesischen Darstellung (Frontalansicht)

Sie beruht im Wesentlichen auf altindischen Vorstellungen, die zahlreiche Parallelen mit denen vieler indoeuropäischer Völker aufweisen. Im Gegensatz zu anderen indischen Religionen nimmt der Buddhismus nicht ein – unermesslich großes – Universum an, sondern unendlich viele Weltsysteme. Die sind in einem ständigen Wandel von Werden und Vergehen begriffen. Die Weltuntergänge werden verursacht durch die drei Grundübel der Menschheit, die ‚unheilbaren Wurzeln‘ (akasamulas): Gier (lobha), Hass (dosa) und Verblendung (moha). Die Welt der Gierigen wird durch Feuer vernichtet, die des Hasses durch Wasser und die der Verblendeten durch den Wind. Letztere Zerstörungen reichen bis in die Sphäre der dritten Stufe (jhana) der Sinnenwelt (kamadhatu) hinauf. Die meditativen (rupadathu) und transzendenten Regionen (arupadathu) bleiben verschont, wie die Grafik 31 Bhumis zeigt. Eine sehr gute Beschreibung der spezifisch burmesischen Sichtweise gibt Shway Yoe (The Burman …, S. 88 ff.). Soweit burmesische Wörter in diesem Kapitel verwendet wurden, folgen sie der von Shway Yoe verwendeten Schreibweise.

 

Gemäß den altindischen Vorstellungen hat die Welt gigantische Ausmaße. Als Maßstab dient das yojana (Pali = Joch). Es bezeichnet in diesem Zusammenhang eine Strecke, ‚… die von einem Ochsen zurückgelegt werden kann, bevor ein anderer ins Joch gespannt werden muss…‘. Rhys-Davids‘ Pali-English Dictionary gibt die Strecke mit sieben Meilen (etwas über elf km) an. Anderen Quellen (Lexikon der östlichen Weisheitslehren) zufolge bezeichnet es den ‚Tagesmarsch einer Armee‘ und entspricht ca. 15 bis 20 km. Wie auch immer, bei den gigantischen Ausmaßen kommt es auf ein paar Kilometer mehr oder weniger nicht an.

Das Universum (siehe Querschnitt) wird von einem Felsring (cakkavala) – nach anderen Quellen einem Eisenring – eingeschlossen, der einen Durchmesser von mehr als 12 Millionen yojanas haben soll: Das sind schlappe 180 Millionen Kilometer, also mehr als die Entfernung Erde-Sonne! Innerhalb dieses Ringwalls liegt der riesige Salzozean, in dem in den vier Himmelsrichtungen die vier Kontinente schwimmen. Nach Ansicht der Theravada–Buddhisten sind diese noch jeweils von 500 Inseln umgeben, also insgesamt 2.000 Eilande. Sie haben  dieselbe Gestalt wie die Gestade, die sie umschließen.

 

dto. aus der Vogelsperspektive

Die vier Kontinente sind:

Jambudipa: (burm. Zambudipa oder zabudeik-kyun) der ‚Rosenapfelkontinent‘ liegt im Süden und ist benannt nach den dort vorkommenden Rosenäpfeln, die im Pali jambu heißen (dipa bedeutet Insel). Er ist die Heimat der Buddhisten und von der Gestalt her in etwa Indien (dreieckig, manchmal trapezförmig). Dort werden die bodhisattas zur Verkündung der Heilslehre geboren, daher wird er auch als karmabhumi (Land der Tat) bezeichnet.

Uttarakuru: (burm.: Ottayakuru) liegt im Norden und hat quadratische Form. Hier steht der Wunschbaum kalpavikka (burm. padethabin), der alle Wünsche der Seligen erfüllt. Der König von Uttarakuru ist Kuvera (Kubera), der auch als Reichtumsgott verehrt wird.

Pubbavideha: (burm.: Pyoppawideha) liegt im Osten und ist halbmondförmig. Dieser Kontinent wird von Fabelwesen bewohnt, der Symbolbaum ist die Akazie (sirisa)

Aparagoyana: (burm.: Aparagawyan) schließlich ist kreisrund und liegt im Westen. Seine Bewohner sind Menschen aber ‚… sie haben keine Häuser und schlafen auf dem Boden…‘  In der Mitte des Kontinents steht ein riesiger Kadamba-Baum.

Shway Yoe (The Burman, S. 88 ff.) gibt eine ausführliche Beschreibung der spezifisch burmesischen Sichtweise der Kontinente, so z. B., dass deren Bewohner nicht miteinander kommunizieren können, weil der Ozean zu stürmisch ist.

Im Zentrum der Welt schließlich erhebt sich der Berg Meru (burm.: Myinmo), wie zu erwarten hat auch er gigantische Ausmaße: Er ist 168.000 yojanas hoch und ragt zur Hälfte aus dem Salzozean Samudda (burm.: Thamoddaya) heraus. Mt. Kailash im Himalaya wird von vielen als Abbild des Meru angesehen. Der Berg Meru wird von sieben Ringgebirgen cakkavala (burm.: sekyawala) umgeben, dazwischen liegen Ringozeane. Zusammen mit dem Meru ergibt sich eine Achterordnung (heilige Zahl). Auf drei Sockeln oder Füßen erheben sich unterhalb des Salzozeans acht Haupthöllen, daneben zahlreiche Nebenhöllen. Der aus dem Salzozean herausragende Teil des Meru wird von Sonne und Mond als selbstständigen Gottheiten umkreist, dadurch entstehen Tag und Nacht. Die ersten vier aus dem Samuddha herausragenden Sockel beherbergen Fabelwesen wie Nagas, Supannas (Garudas), Danavas (Asuras) und Rakkhasas sowie Yakkhas. Über dieser vierstufigen Sockelzone erheben sich die sechs niederen Himmel (devaloka):

Catummaharajika:

das Wort (burm.: zatu-maha-rit) bedeutet: ‚Vier große Könige‘ und gemeint sind natürlich die ‚Himmelskönige‘, die Hüter der vier Himmelsrichtungen: 

Tavatimsa:

(burm.: tawadeintha) ist der eigentliche Götterhimmel, in dem 32 alte vedische Gottheiten unter ihrem König Sakka (burm.: Thagyarmin) residieren. 

Yama:

ist der Name des Himmels, der zwischen Tavatimsa und Tushita liegt. Er wird bewohnt von Göttern, deren Lebensspanne recht lang ist: 200 Menschenjahre entsprechen einem Yama-Tag und sie leben zweitausend Yama-Jahre…

Tusita:

(burm.: tot-thita) heißt der Himmel, in dem die Bodhisattas vor ihrer letzten Existenz als Buddha leben. Hier residierte Gotama vor seiner Herabkunft unter dem Namen Setaketu und auch Metteya, der Zukunftsbuddha hält sich dort auf: Er wird Nathadeva genannt. Ein Tag im Himmel Tusita währt 400 Erdenjahre!   

 

In Pindaya finden wir die 31 bhumis auf einer Schautafel systematisch dargestellt: Ganz unten die Höllen (burm.: nga-yé), die noch einmal im Detail erklärt werden), die Welt der Tiere (burm.: tareiksan), die der Hungergeister (burm.: pyeitta) und die der Asuras (burm.: thurake). Es folgt die der Menschen (burm.: manothiloka)und darüber erheben sich die diversen Himmel … Weitere schöne Darstellungen des Meru finden sich z. B. im Ananda-Kloster (Innenraum) und über einer Höhle in Hpowintaung (nahe Monywa), um nur zwei zu nennen. Allerdings beschränken sich diese Abbildungen meist auf die sieben Ringgebirge und Ringozeane, die darüber liegenden Himmel sind nur angedeutet. Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen, dass auch die diversen Buddha-Fußabdrücke im Grunde genommen nichts als eine Zusammenfassung der buddhistischen Kosmologie darstellen.