Ein Putsch in Yangon
Am 13. März 2002 kam die New Light of Myanmar mit einer ungewöhnlichen Story heraus, in der die Machenschaften der Tochter des seinerzeit schon weitgehend entmachteten ehemaligen Diktators Ne Win aufgedeckt wurden. Ihr Mann und die Söhne hätten geplant, die drei wichtigsten Militärs (Präsident Than Shwe sowie Secretary 1 und 2, Maung Aye und Khin Nyunt) zu verhaften und vor Ne Win zu führen. Der sollte sie dazu bewegen, Leuten seines Vertrauens die Macht zu übergeben. Einige Tage später wurden die Beweise der versammelten Presse vorgeführt. Und das war dann wirklich interessant: Ein Abgrund von Aberglaube und Hokuspokus tat sich vor den erstaunten Teilnehmern der Pressekonferenz auf. Und da standen sie nun, alle diese Presseleute, nickten wissend mit dem Kopf und schrieben eifrig mit, denn der Fall war klar: Hexerei! Keiner traute sich, zu fragen: „Was soll der Quatsch? Sind wir hier im Kindergarten oder auf einer Pressekonferenz?“.
Die Verschwörer hatten sich die Hilfe eines bo do gesichert, eines ‚self proclaimed holy man or charlatan’ namens Myo Myint Aung alias Set-kya Aung Pwint Khaung alias Hsaya Lay aus South Okkalapa Township, Yangon. Dieser Scheinheilige wurde als Berater für die Firma Myanmar Sky Link engagiert, die zwei der Putschisten gehörte. Er bekam 300.000 Kyat pro Monat – damals eine Menge Geld in Myanmar! – und dazu noch einen Isuzu Trooper Pickup Truck, ein Mobiltelefon und ein Barrel (ca. 180 Liter) Sprit pro Monat. Seine Aufgabe war es, die Gegner zu schwächen, und offenbar zu diesem Zweck wurden auch die drei Plastikabbilder der drei Machthaber angefertigt – unverkennbar in ihren grünen Uniformen, Khin Nyunt trug sein Markenzeichen, den Cowboyhut. Er, der jahrelang Ne Win den Schirm tragen durfte, hatte sich gegen seinen Herrn vergangen! Es wurde nicht klar gesagt, wozu diese Figuren benutzt werden sollten, aber es liegt nahe, dass irgendein Voodoo-Zauber damit verbunden war – vielleicht sollten die in der Bratpfanne schmoren. Auf dem Foto mit den Beweisgegenständen waren auch noch zwei pji‘ tain: daun (Stehaufpüppchen) zu sehen, die als Glücksbringer gelten, sowie ein Dolch – und dreieinhalb Kilo Gold!
Ein wichtiger Grund für die gesamte Aktion war offenbar die Verärgerung der Brüder über ein fehlgeschlagenes Geschäft: Sie hatten ohne Genehmigung der Behörden durch ihre Firma KLN Lizenzen für Mobiltelefone verkauft – immerhin im Werte von 627 Millionen Kyat. Wovon nicht weniger als 545 Millionen an Kyaw Ne Win persönlich gingen! Big Shots! Sie wurden gezwungen, die ergaunerten Millionen wieder herauszugeben. Außerdem konnten sie sich nicht benehmen: Einmal entführten sie einen Mann, mit dem sie in Streit geraten waren, aus einem Restaurant und brachten ihn zum Ufer des Inya Lake, wo sie ihn zusammenschlugen und ihm Haare und Augenbrauen abscheren ließen! Einen LKW-Fahrer, der nicht rechts ran fuhr, als die Brüder in ihrem Land Cruiser kamen, zogen sie aus dem Führerhaus und verprügelten ihn. Dann brachten sie ihn zum Nawarat Hotel, wo sie ihn zwangen, Reissäcke zu tragen!