Ein Häuschen in Yangon

Mein zweites Haus in Yangon - dort habe ich sechzehn Jahre gelebt!

In den 25 Jahren, die ich hier lebe, habe ich auf dem Immobiliensektor so manche Höhen und Tiefen durchlebt. Nachstehend ein paar Gedanken dazu.

Bis in die neunziger Jahre hatten Ausländer, die in Yangon lebten, nur zwei Alternativen: ins Hotel zu ziehen oder ein Haus zu mieten. Die meisten bevorzugten Letzteres, weil die (allesamt staatlichen) Unterkünfte damals eher noch lausiger waren als die zur Vermietung stehenden Objekte. Natürlich gab es trotzdem genug Probleme: unregelmäßige Strom- und Wasserversorgung, Ärger mit dem Personal, Telefonstörungen – das ganze Programm. Aber man konnte sich notfalls einen Generator kaufen und im schlimmsten Falle die Angestellten entlassen – und hoffen, dass die Nachfolger es besser machen würden. All dies war im Hotel nicht möglich. Und so lebten sie in ihren Häusern und versuchten, sich mit den Umständen zu arrangieren. Mitte der neunziger Jahre stieg im Gefolge der wirtschaftlichen Öffnung Myanmars die Zahl der im Lande ansässigen Ausländer stark an. Es gab wenige brauchbare Häuser und jede Menge Interessenten, die eines suchten – die Preise gingen steil in die Höhe. Viele Ausländer glaubten, dass man in Myanmar in kürzester Zeit Millionär werden könne: Was sind da schon fünftausend Dollar Miete pro Monat? Zumal wenn das Haus z. B. dem Neffen eines einflussreichen Burmesen gehört, der einem in geschäftlicher Hinsicht von Nutzen sein kann? Genau zu jener Zeit kamen wir ins Land und schätzten uns glücklich, ein 80 qm großes Hexenhäuschen an der neunten Meile von unserer Freundin Birgit übernehmen zu können. Es kostete 750 USD monatlich, die Miete wie hierzulande üblich, für ein Jahr im Voraus zu zahlen: 9.000 Dollar ade! 

 

Im Zuge der Renovierungen machten wir auch Bekanntschaft mit der burmesischen Handwerkskunst. Ich hatte in den 60er-Jahren mal einen Laurel-and-HardyFilm gesehen, in dem die beiden ein Haus renovierten. Danach lief Wasser aus der Lampe, der Wasserhahn versetzte elektrische Schläge usw. – in meinem ersten Domizil in Burma war es nicht anders …  Durch eigene Arbeit und Investitionen hatte sich die triste Hütte in ein durchaus bewohnbares Häuschen verwandelt. Etwa zwei Monate vor Ablauf des Mietvertrages fragte uns der Vermieter, ob wir den Mietvertrag verlängern wollten. „Ja, gern!“, sagten wir. Der Vermieter machte allerdings bald klar, dass eine Mieterhöhung nicht zu vermeiden sei: Das Haus sei ja jetzt viel schöner und daher mehr wert! Mein Hinweis, dass das unserer eigenen Initiative zu verdanken sei, wurde mit einem Lächeln beiseite 

gewischt. Wir kamen überein, uns in einer Woche wieder zu treffen, um die Verhandlungen aufzunehmen. Ich entsinne mich noch mit Schrecken an jene Wartezeit und unser Bangen, wie viel der Vermieter jetzt verlangen würde: 900 USD? Oder gar 1.000? Es kam schlimmer, als wir dachten: Die Miete sollte von 750 USD auf 1.250 steigen – zahlbar wie üblich ein Jahr im Voraus. Wir waren platt – eine solche Unverschämtheit hatten wir nicht erwartet! Und da griff das Schicksal ein, in Gestalt unseres Karen-Hausmädchens Naw Naw. Sie erzählte uns, dass direkt nebenan ein neues, schönes und viel größeres Haus gerade fertiggestellt sei, dessen Eigentümer händeringend einen Mieter suchten. Wir wurden uns schnell handelseinig und bekamen dann ein dreimal so großes Haus für annehmbare 1.000 USD. 

Micasa Yangon

Denn inzwischen hatte sich die Situation auf dem Häusermarkt gedreht. Durch das Aufkommen der ersten Service-Apartment-Hotels verwandelte sich die Mieter-Hölle Yangon in ein Mieterparadies! Wer es sich leisten konnte, floh ins Micasa, das Marina und wie sie alle hießen: Endlich geregelte Stromversorgung, Telefon, kein Ärger mit der Maid, Swimmingpool – so ließ es sich aushalten! Die Preise für Häuser hingegen gingen in den Keller und dort blieben sie lange Zeit. Innerhalb von zwei Jahren handelten wir unseren Vermieter von 1.000 auf 500 USD monatlich herunter. Im Laufe der Jahre erhöhte die Miete sich wieder und 2013 bezahlte ich 1.100 USD.

 

Marina Residence, Yangon

2010 kam die Demokratie nach Myanmar! Nach mehr als dreißig Jahren gab es wieder (halbwegs) freie Parlamentswahlen. Die NLD unter Aung San Suu Kyi boykottierte sie. Sieger wurde die militärnahe USDP. Der ehemalige Generalleutnant Thein Sein nahm das Amt des Premierministers ein und betrieb eine vorsichtige Öffnungspolitik. Die von den westlichen Mächten erlassenen Sanktionen und Boykotte wurden teilweise aufgehoben oder abgemildert. Als dann auch noch US-Präsident Obama 2012 einen Kurzbesuch hier machte, gab es kein Halten mehr. Zahlreiche Firmen und Non-Governmental Organisations (NGO), die sich bis dahin von Myanmar ferngehalten hatten, kamen ins Land. Wie zu erwarten führte das schnell zu Engpässen auf dem Immobilienmarkt. Die Preise für Häuser und Apartments in Yangon explodierten regelrecht. Es hieß, dass das Wirtschaftszentrum des Landes zeitweise zur teuersten Stadt auf dem Planeten avancierte. Das mag übertrieben sein, aber die Preise waren schon sehr hoch.   

In seinem – sehr lesenswerten – Buch ‚The Hidden History of Burma‘ beschreibt Than Myint Oo, der Enkel des ehemaligen UN-Generalsekraetärs U Thant, unter anderem seine Erfahrungen bei der Suche nach einem Domizil in Yangon. 

Bis 2011 hatte er in Bangkok gelebt und war regelmäßig nach Myanmar geflogen, wo er in Hotels unterkam. Dann entschloss er sich, permanent dort zu wohnen, und wurde mit den neuen Verhältnissen konfrontiert. Zitat: ‚A three or four bedroom house with a garden in a pleasant part of Rangoon might have rented for $ 1.000 a month in the late 2000s. By 2013, the same house cost $ 20.000 a month. Both UNICEF and the WHO were reported to have spent nearly $ 1 million a year each (in rent) on small compounds to use as their headquarters in Burma. Multilateral organizations such as the World Bank and the European Union began providing staff ‘housing allowances’ of as much as $ 10.000 a month’. Angesichts dieser Entwicklung kam ein Haus selbst für einen Mann wie Than Myint Oo, der sicher nicht zu den Armen gehört, nicht mehr in Frage. Also machten er und seine Frau sich auf die Suche nach einem Apartment. Was auch nicht einfacher war, denn was er vorfand, war dies (Zitat): ‚… shoddy constructions with bizarre interior layouts: living rooms with no windows, bathroom tiles lining the corridor. Electricity was intermittent, the wiring dangerous, the water filthy the furniture made of plastic covered in vinyl: all yours for the price of a similar-sized flat in Mayfair or the Upper East Side.’

Mein Haus in Myauk Dagon- mit Flussblick! Für 1.000 $ monatlich

Ja, so kann es gehen, wenn man meint, unbedingt im Golden Valley oder in der Downtown wohnen zu müssen. Oder an der 9. Mile. Wobei mir nicht ganz klar ist, warum diese nahe dem Flughafen gelegene Gegend so teuer wurde. Die Fahrt in die Downtown dauerte aufgrund der permanenten Verkehrsstaus auf der Pyay Road oder der Kaba Aye Pagoda Road bis zu einer Stunde. Ich hatte von einer Freundin, die im Stadtteil North Dagon lebte, den Tipp bekommen, mich dort umzuschauen. Und ich traute meinen Augen nicht! Pinlon Housing war der Hit! Es handelte sich um eine ‚gated community‘, in der zahlreiche Häuser auf großen Grundstücken zur Vermietung standen. Ich entschied mich für ein Haus mit Flussblick direkt am Nga Moe Yeik River. 300 qm Wohnfläche, eine große Terrasse und zwei Balkone für tausend Dollar monatlich. Die Stromversorgung war ausgezeichnet, ich brauchte keinen Voltage-Regulator mehr. Und auch die Stromausfälle hielten sich im Rahmen. Die Fahrzeit zur Downtown betrug ca. 45 Minuten.

Das UNICEF-Domozil in Yangon. 300 qm für 87.000 $ monatlich - ein echtes Schnäppchen! Mein Haus war genau so groß und kostete 1.000 $!

Da fragt man sich, warum Leute so viel Geld für ein Haus oder eine Wohnung bezahlen, wenn es nicht weit entfernt viel Günstigeres gibt. Nicht standesgemäß? Zumal ja viele dieser überteuerten Häuser oder Wohnungen sog. ‚Cronies‘ gehören, also Günstlingen des früheren Militärregimes. Die z. T. auf schwarzen Listen stehen und die man sonst meidet wie der Teufel das Weihwasser. In diesem Falle einem ehemaligen General und Minister. 

Für die Hälfte des Geldes, das die UNICEF*  (ür ihr Domizil im Golden Valley bezahlte, hätte sie vermutlich den gesamten Komplex von Rose Park II mit fünfzig Häusern mieten können. Aber im Gegensatz zu mir und meinen Freunden, die ihre Groschen sauer verdienen müssen, brauchen ja die Mitarbeiter von NGOs und großen Firmen nur eine Mail an ihre Zentrale zu schicken. Und schon fließen die Unsummen, die sie dann verplempern. Mit ein bisschen Flexibilität, wie z. B. viele seit langem hier ansässige Freunde und ich sie – notgedrungen – bewiesen haben, hätten das niemals so ausarten können. 

*https://www.irrawaddy.com/news/burma/unicef-confirms-87000-month-rent-rangoon-office.html) f

Weiteres in meinem Buch …