Ausländer und Geister

Governor's House, 2020

Geister im Hotel 

Eines Tages geschah im Yangoner Inya Lake Hotel eine Bluttat. Ein japanischer Manager, der dort in einer Suite residierte, und eine Prostituierte wurden regelrecht abgeschlachtet. Der Mörder war schnell gefunden: Der eifersüchtige Freund der Prostituierten, der als Roomboy in dem Hotel arbeitete! Die Beweislage war mehr als dürftig, aber der Mann wurde sehr schnell wegen Doppelmordes verurteilt. Die Suite des Japaners wurde geschlossen, da damit zu rechnen war, dass die Geister der Ermordeten dort herumspukten und anderen Bewohnern schaden könnten. Angesichts des Zimmermangels infolge des Tourismusbooms 2012/13 wird man dann wohl auf solche Rücksichtnahme verzichtet haben, denke ich … Diese Fantasiegestalten scheinen sich generell gern in Hotels aufzuhalten. Ein deutscher Bekannter, der seit langem in Myanmar lebt, ist felsenfest davon überzeugt, dass er im Governor’s Residence in Pyin Oo Lwin dem Geist eines Engländers begegnet ist. Obwohl das Gebäude im Krieg abbrannte und wieder neu aufgebaut wurde. 

Ein Dämon

 

Annegret und der Dämon

Ende der 90er-Jahre bestand in Yangon das ‚Deutsche Haus‘. Neben Sprachunterricht gab es noch einen Gesprächskreis. Leiterin war eine junge deutsche Frau namens Annegret, die mit Mann und Kind dort lebte. Gelegentlich stieß ich zu diesem Gesprächskreis und diskutierte mit den Sprachschülern. Irgendwann kamen wir auf das Thema ‚Geister‘ und ich mokierte mich über den Aberglauben der Burmesen. Und die wiederum über die unsensiblen Ausländer, die einfach kein Gespür für deren Gegenwart haben. Nachdem die Diskussion einige Zeit hin und her gegangen war, fragte ich die junge Deutsche, ob sie sich vorstellen könnte, dass es die gibt – und hoffte natürlich, dass sie meinen Standpunkt unterstützen würde. Und was sagte sie? „Ja, natürlich gibt es böse Geister!“. „Was?“, fragte ich. „Du machst wohl Witze?“. „Nein!“ kam die todernste Antwort, „Ich hatte selbst schon eine solche Begegnung!“. „Erzähl!“, sagte ich gespannt. „Also: Eines Nachts wachte ich auf, weil ich einen starken Druck auf der Brust verspürte. Ich öffnete meine Augen und sah, dass ein Dämon auf meiner Brust saß!“ – „Was für ein Dämon?“ fragte ich. „Na, er sah aus wie ein kleiner Teufel!“. „Sag mal, Annegret, spinnst Du? Das war ein Alptraum!“. „Nein, das war kein Traum!“. „Und was hast Du gemacht?“, fragte ich gespannt. „Ich sagte zu ihm: Hebe Dich davon! Jesus ist stärker als Du!“ – „Und was passierte dann?“. – „Na, dann verschwand er!“. „Issja irre!“, sagte ich und die Burmesen nickten eifrig. Fällt mir doch meine eigene Landsfrau in den Rücken, ich konnte es nicht glauben. Erst später fiel mir auf, dass das Ehepaar sehr gläubig war.  

Schwebende Buddhas in Syriam

Mein leider früh verstorbener Skatbruder (seines Zeichens Ingenieur) erzählte mir, dass er und ein paar Kollegen eines Tages in Syriam (Thanlyin) zu einem Magier gebracht wurden. Der sei angeblich in der Lage, Buddhastatuen in der Luft schweben zu lassen. Er führte sein Kunststück vor und sie begannen sogleich mit der Suche nach verborgenen  Fäden, Magneten oder Sonstigem. Ohne Erfolg!

 Von da an waren sie überzeugt, dass der Mann wirklich in der Lage war, Figuren zu levitieren. Ich persönlich konnte in den langen Jahren meines Aufenthaltes feststellen, dass die Konfrontation mit der abergläubischen Bevölkerung zwei Effekte auf Ausländer haben kann. Entweder fangen sie auch an zu spinnen, ODER der ohnehin schon stark ausgeprägte Realismus verfestigt sich noch und der/die Betreffende glaubt gar nichts mehr. Ich gehöre zur zweiten Gruppe …