Buddhismus 5 - einige wesentliche Begriffe

Serivanijan-Jataka - der Bodhisatta prüft den goldenen Topf

Nachstehend erläutere ich kurz einige wichtige Begriffe, die mit dem Buddhismus eng verbunden sind. Maßgeblich erscheint mir, dass man die Bedeutung der Begriffe ableiten kann:

Jataka: Das Paliwort jati bedeutet Geburt (es wird übrigens in Indien auch im Sinne von ‚Kaste‘ benutzt). Eine jataka ist demnach eine Geburtsgeschichte, genauer gesagt eine Erzählung über eine der Existenzen des Bodhisatta, bevor er als Gotama wiedergeboren wurde. In der buddhistischen Welt sind 547 jatakas bekannt, die letzte ist Vessantara. In Myanmar hingegen zählt man 550. Was natürlich nicht bedeutet, dass die Sammlung sämtliche Reinkarnationen des Bodhisatta enthält. Es waren wohl viel, viel mehr. Jatakas sind Märchen und Legenden, welche die buddhistische Lehre widerspiegeln. Am Anfang stehen oft Einleitungen wie: ‚Das Folgende erzählte der Meister, als er im Jetavana (Kloster) weilte, in Bezug auf …‘ oder ‚Zu der Zeit, als Brahmadatta zu Benares regierte …‘. Am Ende werden die Bösen bestraft und die Guten belohnt. Meist verknüpft der Buddha die Geschichte aus der Vergangenheit mit der Gegenwart, so in der jatakaDie Gazelle, der Specht und die Schildkröte‘ (Nr. 206): ‚Damals war Dewadatta der Jäger, Sariputta der Specht, Moggallana die Schildkröte, die Kurangagazelle aber war ich.‘

Nun kann wohl kein Reiseleiter für sich in Anspruch nehmen, alle jatakas zu kennen. Aber deren Beliebtheit bei unseren Gästen lässt es sinnvoll erscheinen, eine Handvoll davon in seinem Repertoire zu haben. Zumindest ein paar der mahajatakas (die letzten zehn), daneben andere, besonders schöne. Im Ananda-Kloster in Bagan (siehe erstes Bild unten) finden sich etliche schöne Geschichten. Man sollte sich ein paar aussuchen, sie dann studieren und vertiefen und schließlich überzeugend vortragen können. In diesem speziellen Falle würde ich ausnahmsweise sogar das Auswendiglernen in Betracht ziehen … Eine gute Auswahl bietet das Buch Buddhistische Märchen von Else Lüders!

Mahayana und Hinayana (Theravada) 

Alle diese Begriffe sind natürlich Paliwörter: ayana lässt sich am besten mit  ‚Fahrzeug‘ übersetzen, maha heißt ‚groß‘ und hina bedeutet ‚klein‘. Mahayana ist demnach ‚großes Fahrzeug‘ und hinayana demnach ‚kleines Fahrzeug‘. Ein thera wiederum ist ein alter Mönch und vada heißt Lehre – somit bedeutet es ‚Lehre der Alten‘. Mit diesem Begriff bezeichnen die Buddhisten in Sri Lanka, Myanmar, Thailand, Kambodscha und Laos ihre Schule des Buddhismus. Da diese Länder alle im Süden Asiens liegen, nennt man diese Form des Buddhismus auch ‚Südlicher Buddhismus‘ im Gegensatz zum ‚Nördlichen Buddhismus‘, wie er in Nepal, Tibet, China, der Mongolei, Korea, Japan und Taiwan praktiziert wird.

Der Begriff Hinayana wird von den Theravada-Buddhisten nicht benutzt, da er im Gegensatz zum Mahayana scheinbar minderwertig klingt. Die Spaltung des Buddhismus in diese beiden Zweige reicht bis ins erste vorchristliche Jahrhundert zurück, nach Meinung einiger Gelehrter sogar noch weiter. Wie auch immer, worin besteht nun eigentlich der Gegensatz? Es gibt etliche davon, deren Erläuterung hier zu weit führen würde. Ich greife deswegen nur den meines Erachtens wichtigsten auf: Zwei verschiedene Erlösungsideale!

 

Die Begriffe ‚Kleines Fahrzeug‘ und ‚Großes Fahrzeug‘ sind trotz der Ablehnung durch die Theravada-Buddhisten sehr treffend. Das Erlösungsideal des Theravada ist der Arahat, der den Weg der Selbsterlösung geht: Aus eigener Kraft schafft er den Ausstieg aus dem Kreislauf der Wiedergeburten! Sozusagen mit einem ‚Einmannboot‘ überquert er den Fluss, der ihn von der Erlösung trennt. Das Erlösungsideal des Mahayana hingegen ist der Bodhisatta: Aus Mitleid führt er zahlreiche Menschen zur Erlösung, und da er viele mit ‚hinüber‘ nimmt, braucht er auch ein größeres Fahrzeug – alles ganz einfach.

Auch in Myanmar gibt es zahlreiche Mahayana-Buddhisten – viele Chinesen sind Anhänger dieser Religion! Der beliebteste ihrer Mitleids-Bodhisatthas ist Kuanyin (Guanyin) – hierzulande heißt sie Guanyin Maedaw! Ihr Bild findet sich in zahlreichen Tempeln und ihre Statuen werden auf jedem Markt angeboten: Eine weiß gekleidete Frau, die ihre Rechte in der abhaya-mudra erhebt (Fürchte dich nicht), in der Linken hält sie meist eine Vase, die den ‚Nektar der Unsterblichkeit‘ (amrita) enthält. Typisch für den Kult der Mahayana-Buddhisten sind Musik und Gesang während ihrer Andachten, die bei den Theravada-Buddhisten keine Rolle spielen.

Die 16 Träume des Königs von Kosala 

Diese Träume stellen einen wichtigen moralischen ‚Leitfaden‘ für die Buddhisten in Myanmar dar. Wer es schafft, diese Gleichnisse zu erklären, wird bei den Kunden großen Eindruck machen. Wie immer ist es auch hier wichtig, sich zu beschränken: Viele der Gleichnisse sind einander sehr ähnlich, z. B. die Felsen und die Kalebassenfrüchte im Wasser, die Darstellung mit den Hinthas und der Krähe. Andere wiederum sind schwer verständlich (z. B. die vier Büffel oder die drei Sorten Reis). Daher lieber wenige, aber eingängige Beispiele geben: Die jungen Bäume, die schwere Früchte tragen, die Kuh, die am Kälbchen trinkt, die noch heranwachsenden Zugtiere, die ins Joch gespannt werden, der räudige Hund, der in das goldene Gefäß pinkelt (Vorsicht: rassistisch!!), der Seiler und der Hund und natürlich unbedingt die Kobra und der Frosch – das bringt die Leute garantiert zum Lachen. Pantoffelhelden kennt jeder von zu Hause (siehe zweites Bild).

Schöne Darstellungen finden sich z. B. am Sun-U-Ponnyashin Stupa in Sagaing und im Kyauktawgyi-Tempel in Mandalay. Eine Wiedergabe aus dem 11. Jahrhundert kann in einer Fensternische der Südwand im Gubyaukgyi-Tempel Myinkaba bewundert werden. Leider ist sie nicht so gut erkenntlich und anschaulich wie die oben genannten. Im Museum von Bagan gibt es eine Kopie davon, die besser erkennbar ist.  

Der Frosch und die Kobra: Wenn Frauen die Männer ausschimpfen, dann ist das Ende der Welt nicht mehr fern!