Pilgerfahrt nach Indien

Die absolute Krönung buddhistischer Pilgerfahrten ist die nach Indien und Nepal. Die Pilger wandeln dort auf den Spuren des Erleuchteten und besuchen die vier heiligen Stätten (Lumbhini–Geburt, Bodhagaya–Erleuchtung, Sarnath–erste Predigt und Kusinara–Tod). Dazu noch ein paar andere, die am Wege liegen. An den heiligen Stätten gibt es burmesische Klöster, in denen die Pilger gratis (bzw. gegen Entrichtung einer Spende) unterkommen können. Auch alle anderen buddhistischen Länder haben dort Klöster errichtet, in denen die Pilger preiswert unterkommen können. Die meisten burmesischen Gläubigen buchen eine preiswerte 10-Tage-Package-Pilgerfahrt (Preis ca. 700 US$ incl. Flugkosten). Unschlagbar billig! Sie werden im Eilverfahren mit billigen, unbequemen Pilgerbussen von einem Ort zum anderen gekarrt. Unterkunft finden sie in Klöstern oder in Billigabsteigen. Je mehr Plätze besucht werden, desto besser.

Dort wird dann kurz gebetet (= Verdienst erworben), bevor es wieder in den Bus geht und die Reise fortgesetzt wird. Dem nächsten Verdienst entgegen! Einige Pilgerfahrten enthalten neben den heiligen Orten noch einen Abstecher nach Delhi und Agra. Das kostet natürlich mehr, aber wenn man schon mal in Indien ist …  Vor Antritt unserer Pilgerfahrt hatten wir auch eine solche erwogen. Als ich das Programm studierte, sah ich, dass darin u. a. eine 18-stündige Non-Stop-Busfahrt von Delhi nach Benares enthalten war. Daraufhin entschieden wir uns für eine Rundreise im Mietwagen. Dasselbe tun auch wohlhabende Gläubige aus Myanmar. Die sieht man übrigens oft in Begleitung eines Mönches, den sie zu ihrer Pilgerfahrt eingeladen haben. Noch mehr Verdienst! Die fahren dann wie wir mit einem Mietwagen von Pilgerstätte zu Pilgerstätte und wohnen in Hotels.

Schwiegereltern vor dem Mahabodhi-Tempel, Bodhgaya

Zur Feier unserer Hochzeit lud ich meine Schwiegereltern und meine Frau zu einer Pilgerfahrt nach Indien ein. Mit dem Flieger ging es nach Gaya und von dort weiter in den Ort Bodh Gaya. Dort wurde vor ca. 2.500 Jahren der Gautama erleuchtet. Wir blieben zwei Tage dort und sahen uns die heiligen Stätten an: Den Haupttempel mit dem Bodhibaum, unter dem die Erleuchtung stattfand. Die Atmosphäre am großen Tempel war – in Anbetracht der Menge an Pilgern – bemerkenswert spirituell! Wir besuchten die zahlreichen Klöster der verschiedenen Länder – es war wie eine Reise durch die bunte Welt des Buddhismus. Auch dem Dorf, in dem Sujata gelebt hatte, statteten wir einen Besuch ab. Sie hatte dem Gautama das erste Mahl nach Beendigung seiner Askese gespendet. Auch unser Hotel trug ihren Namen.

Thai-Tempel in Bodhgaya
Der Barbar Bakhtiar Khilji bei der Bekehrung von Ungläubigen

Am nächsten Tag ging es Richtung Patna: Der erste Stopp war am Geierberg (Rajgir, burm: linda taung), wo der Buddha lange meditiert hatte. Wir sahen das ‚Gefängnis‘ von Bimbisara, dem König, der vom eigenen Sohn eingekerkert wurde. Nächster Stopp an den Überresten der Klosteruniversität Nalanda. Sie wurde im Jahre 1193 von einer moslemischen Horde unter dem Kommando des Barbaren Bakhtiar Khilji erobert. Die Bibliothek wurde verbrannt und die Mönche erschlagen. Er genießt unter indischen Moslems großes Ansehen, da er viele Inder zum Islam ‚bekehrt hat’. Kunststück, wenn die zu Bekehrenden die Wahl haben, entweder totgeschlagen zu werden oder zu konvertieren …

Ruinen von Nalanda
Ashoka's Pillar, Vaishali

Wir übernachteten in einem sehr schönen Hotel in der Millionenstadt Patna, dem früheren Pataliputra. Am nächsten Tag ging es Richtung Norden, der erste Stopp war in Vaishali, dem antiken Vesali. Dort hatte der Erleuchtete die letzte Predigt vor seinem Tod gehalten. Die imponierende, von Kaiser Ashoka (304-232 B.C.) errichtete Säule zeigt den Ort an. Weiter ging es nach Kusinara, wo wir übernachteten. Hier erreichte der Buddha das Parinirvana, ein von burmesischen Gläubigen 1927 errichteter Stupa zeigt den Platz an. In der Nähe wurde der Leichnam des Erleuchteten verbrannt und seine Asche in acht verschiedenen Stupas der Gangesebene eingeschreint.

Unsere nächste Station war Lumbhini, der Platz, an dem der Gautama geboren wurde. Unterwegs kamen wir durch unglaublich dicht besiedelte Orte, in denen sich die Leute gegenseitig auf die Füße traten. Der Bundesstaat Bihar hat eine Bevölkerungsdichte von mehr als 1.300 Einwohnern pro qkm! Indien, wie es leibt und lebt! Wirklich sehenswert! Lumbhini liegt schon in Nepal und wir überquerten die Grenze bei Sonauli. Vor dem Grenzübertritt legten wir eine Pinkelpause in dem bemerkenswerten, offenbar verlassenen Tourist Bungalow der Stadt ein. Nie zuvor hatte ich wie hier das Gefühl, dass jeden Monat aus der nächsten Tür ein Zombie herausstürzen könnte, um mich zu attackieren. Weird place, Zombieland! Immerhin funktionierte die Toilettenspülung. Falls also einer meiner Leser plant, einen Horrorfilm zu drehen: This is the place! Der Grenzübertritt war einfach, wir zeigten unsere Visa vor, füllten ein paar Formulare aus und das war‘s schon.

Schwiegermutter vor den neu errichteten Chaitya-Halle vor der Parinirvana-Stupa
Ashokas Säule in Lumbhini

 Verglichen mit dem überfüllten Nachbarland wirkte Nepal wohltuend menschenleer. Wir wohnten ganz in der Nähe des Parks von Lumbhini und genossen die Atmosphäre dort sehr! Die Säule, die Gautamas Geburtsort anzeigt, stand noch genau so da, wie sie Ashoka Hunderte von Jahren nach dessen Geburt hatte errichten lassen. Lumbhini ist ein sehr spiritueller, ruhiger Ort mit vielen alten Bäumen, die mit Gebetsfahnen geschmückt sind. Man sieht viele Gläubige, die dort meditieren und still ihre Gebete verrichteten. Andere rezitieren murmelnd die Suttas, die Lehrreden des Erleuchteten. Ich hatte gedacht, dass dieses Erlebnis nicht mehr zu übertreffen sei, wurde aber eines Besseren belehrt.

Wir machten einen Ausflug nach Kapilavattu. Dem Ort, an dem der Palast von Gautamas Vater stand – obwohl auch andere Orte diesen Anspruch erheben. Von dem alten Palast waren nur noch die Fundamente und Teile der Außenmauern erhalten. Innerhalb der Mauern standen wunderschöne blühende Bäume. Es herrschte eine heitere Atmosphäre, die noch von einer Hindu-Zeremonie auf dem Gelände verstärkt wurde. Am beeindruckendsten war jedoch das Dorf direkt vor der Palastruine. Bei dessen Anblick konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass es zu Gautamas Lebzeiten dort genau so ausgesehen haben muss: Lehmhäuser, die mit Stroh gedeckt waren, Kühe lagerten friedlich am Wegesrand, ein paar alte Ochsenkarren standen herum – unglaublich. Time Warp in Kapilavattu!

Meditieren in Kapilavattu
Damekh-Stupa, Sarnath

Nach einer Tagesreise erreichten wir schließlich die Heilige Stadt: Benares (Varanasi)! Ort so vieler Inkarnationen des Bodhisatta! Und seiner ersten Predigt! Die Stadt ist nach wie vor ein Frontalangriff auf die Sinne! Indischer geht es nicht! Wir wohnten im Banaras Haveli nahe dem Ganges. Von der Dachterrasse konnten wir lokales Leben pur genießen. Ich hatte in den 70ern gelegentlich geschäftlich dort zu tun und mich dort sehr wohlgefühlt. Ein Tag in der Stadt ging vorbei wie im Fluge – so viel gab es zu sehen! Seien es Gebete, Verbrennungen, Opferzeremonien – einfach unglaublich. Und nun war ich als Pilger hier! Wir besuchten Sarnath (Isipatana), die Stätte der ersten Predigt. Sahen die Gazellen, deren Urväter schon zu Buddhas Zeiten dort lebten, und bewunderten den mächtigen Damekh-Stupa. Unsere Bootsfahrt auf dem Ganges am frühen Morgen war wie schon vor vierzig Jahren unglaublich beeindruckend, das Leben auf den Ghats lief wie ein Film vor uns ab!

Wir bummelten durch die Altstadt und sahen den goldenen Tempel der Hindus. Gleich daneben eine Moschee. Erbaut, um den Sieg des Islam über die Ungläubigen zu dokumentieren. Im Gegensatz zu den 70er-Jahren ist die Gegend um den Tempel (der bis heute von Andersgläubigen nicht betreten darf) heute zu einer Hochsicherheitszone geworden. An den Eingängen zu dem Gelände sind Kontrollposten mit Sicherheitsschleusen eingerichtet. Man darf keine Taschen mitnehmen und und und. Zu groß ist die Angst, dass irgendwelche Extremisten – welcher Couleur auch immer – dort einen Anschlag verüben. Traurige Zeiten. Bei einer abendlichen Flussfahrt sahen wir noch die gigantische Ganga-Aarti-Zeremonie am Dasasvamedha-Ghat, dem Ghat der ‚Zehn-Pferde-Opfer’  – spektakulär! Benares haut den Besucher einfach um!

Auf dem Ganges
Qut'b Minar, Delhi
Humayun's Tomb, Delhi
Ringo Guesthouse - meine alte Hippie-Heimat
United Coffee House - still number one after all these years ...
Hochzeitsfoto vor dem Taj Mahal, Agra

Meine Frau hatte sich gewünscht, einen Ausflug nach Delhi und zum Taj Mahal an unsere Pilgerfahrt anzuhängen. So kam ich nach langer Pause wieder einmal nach Delhi, wo ich mich in den 70er-Jahren oft als Hippie herumgetrieben hatte. Leider – oder glücklicherweise? – konnten wir nicht mehr in meiner alten Hippie-Absteige, dem Ringo Guesthouse, wohnen: Geschlossen! So mussten wir uns etwas anderes suchen. War sogar besser! Nachdem wir die üblichen Sehenswürdigkeiten (Humayun’s Tomb, Qut’b Minar, Regierungsviertel) abgehakt hatten, ging es zum Höhepunkt des Delhi-Aufenthaltes: Connaught Place, die alte ‚Heimat’. Ich aß Kuchen im United Coffee House (sehr lecker!), besuchte das Ringo Guest House (s. Foto oben) und ging auf dem Jan Path shoppen – wie vor vierzig Jahren! Dort hatte sich wenig verändert, in den abgelegenen Ecken stank es nach Pisse und man konnte billig einkaufen. Ich schenkte Schwiegermuttern eine tibetische Gebetsmühle! Den Abschluss unserer Reise bildete ein Tagesausflug nach Agra. Dort, am Taj Mahal, hatten wir endlich Gelegenheit, unser offizielles Hochzeitsfoto zu schießen, was wir am Tag unserer Hochzeitsfeier ganz vergessen hatten.

Frage: Was kostete der ganze Spaß? Wenn ich mich richtig erinnere, waren es ca. 1.200 US $ pro Person, also insges. 4.800 $ für uns vier. Darin enthalten waren:

Flüge: Yangon-Gaya, Benares-Delhi, Delhi-Yangon

Visagebühren Indien und Nepal

Rundfahrt (10 Tage) mit einer indischen Landrover-Version (bequem) von Gaya nach Benares

Hotelübernachtungen in anständigen Hotels mit Frühstück

Stadtbesichtigung in Delhi, Ausflug nach Agra

Verpflegung in lokalen Restaurants – sehr ordentlich