Naypyidaw

Regierungsviertel von Naypyidaw
Der berühmte Highway (Foto Klaus Scholpp)

Der Umzug der Regierung von Yangon nach Naypyidaw im Jahre 2005 hat weltweit Aufsehen erregt. Er wurde in den westlichen Medien als endgültiger Beweis für den Isolationismus und die Willkür des Militärregimes dargestellt. Gemach, gemach! In den 133 Jahren der letzten Dynastie (Konbaung, 1752-1885) wechselten die burmesischen Herrscher nicht weniger als fünfmal die Hauptstadt. Von Shwebo ging es nach Innwa, von dort nach Amarapura, dann zurück nach Innwa – und wieder nach Amarapura. Die letzte Station war schließlich Mandalay, das etwas länger als ein Vierteljahrhundert die Residenz des Königs war – wenn auch nur noch von Oberburma. Da ist Yangon mit mehr als eineinhalb Jahrhunderten Hauptstadtgeschichte schon fast rekordverdächtig.

Wie man seinerzeit der deutschen Presse (SPIEGEL u. a.) entnehmen konnte, liegt die neue Hauptstadt im ‚Bergdschungel‘, praktisch unerreichbar. Dort sollte sich die Regierung eingegraben haben (vielleicht zum letzten Gefecht?). Nachher stellte sich heraus, dass die Hauptstadt in der topfebenen Savanne lag, nicht weit von Pyinmana. Sie ist sogar von der Eisenbahnlinie Yangon-Mandalay aus gut zu sehen. Dschungel sucht man dort ebenfalls vergebens. Natürlich dauerte es nicht lange, bis das Gerücht aufkam, dass die neue Hauptstadt kilometertief unter der Erde verbunkert sei – das oben sei nur Schau. Merkwürdigerweise sind aber die ganzen Ministerien oberirdisch… Wenn man sich das Verkehrschaos in Yangon (vor allem nach der Liberalisierung des Automarktes) anschaut, dann versteht man besser, warum die Regierung umgezogen ist – die sind einfach sehr vorausschauend!

Spaß beiseite: Naypyidaw hat auch seine guten Seiten! Seine Lage wurde mit Bedacht gewählt: Es liegt ziemlich genau im Zentrum des Landes zwischen Yangon und Mandalay, seinen beiden größten Städten. Etwa dort, wo die Trockensavanne in die tropische Zone übergeht. Durch die Schnellstraße und die Eisenbahn von Yangon nach Mandalay ist sie an die beiden Bevölkerungszentren angebunden. 

Es gibt einen internationalen Flughafen. Und die Stadt hat die beste Auswahl an Hotels im ganzen Land! Zu sehr günstigen Preisen, falls nicht gerade ein Großereignis wie internationale Sportfeste usw. dort stattfindet.

Über die Gründe für den Umzug von Yangon nach Naypyidaw ist viel spekuliert worden. Für mich ist die Sache klar: Es ging um den endgültigen Abschied von der Kolonialzeit! Während jener Zeit waren eher unbedeutende Städte, die an der Peripherie lagen, plötzlich zu Hauptstädten geworden. Rio in Brasilien, Karachi in Pakistan und Lagos in Nigeria – um nur drei prominente Beispiele zu nennen. Diese entwickelten sich im Laufe der Zeit zu gigantischen Metropolen. Der Hauptgrund dafür lag darin, dass sie dem ‚Mutterland‘ am nächsten lagen. Die genannten Länder haben neue Hauptstädte begründet: Brasilia in Brasilien, Islamabad in Pakistan und Abuja in Nigeria. Daran ist also zuerst einmal nichts Ungewöhnliches. Man hört manchmal das Argument, dass dort einfach nichts los sei. Aber ist das in Canberra, der Hauptstadt Australiens, viel anders? Auf der anderen Seite: Was ist das für ein Argument? 

Sollte man der Stadt nicht ein bisschen Zeit lassen, sich zu entwickeln? Than Myint Oo (The hidden history of Burma, S. 110) nennt das Regierungsviertel einen ‚Legoland parliament complex‘. O. K., wirklich schön sehen die Gebäude nicht aus und mancherorts nagt auch schon der Zahn der Zeit an ihnen. Aber ist es nicht wunderbar, dass im 21. Jahrhundert die Zahl der buddhistischen bhumis (Ebenen der Existenz) Vorbild für die Anzahl der Regierungsgebäude ist? Und die Straßen von Naypyidaw sind der Traum eines jeden Autofahrers! Wenn auch die berühmte 18-spurige ‚Highway‘, von dem man so viel hört, gar nicht existiert… Was mich ein wenig befremdet, ist der Name. Warum um alles in der Welt haben die Burmesen ihre Hauptstadt nach einem Kino in Yangon (Naypyidaw) benannt?