Buddhismus 2 - Entstehungsgeschichte
Wie schon erwähnt, ist es immer hilfreich, wenn man Parallelen ziehen kann, um Dinge zu erklären. So auch in Hinsicht auf die Geschichte des Buddhismus. Besagter Hermann HESSE stellte erstaunliche Parallelen zwischen Buddhismus und Protestantismus fest, obwohl ein Zeitraum von zweitausend Jahren dazwischen liegt.
Wenn man den Kunden über die Entstehung des Buddhismus berichtet, beginnt man am besten vor etwa zweitausendfünfhundert Jahren in Indien! Wie sah es damals dort aus? Was tat sich auf religiösem Gebiet? Wie lebten die Menschen damals? Was dachten sie? Offenbar waren sie schon lange vor Buddhas Geburt mit der seinerzeit herrschenden Religion unzufrieden. In Europa war es 2.000 Jahre später nicht anders. In Indien wird jene Zeit die des Brahmanismus (900-400 v. Chr.) genannt: nicht etwa Hinduismus! Letzterer ist genau so wie der Buddhismus eine Reformreligion, die in ihrer heutigen Form erst ca. 400 B. C. entstand. Sie ist also jünger als die Lehre des Erleuchteten! Der Brahmanismus – ich vereinfache hier bewusst – ist geprägt durch die Vorherrschaft der Priesterkaste (Brahmanen). Diese gesellschaftliche Gruppe hatte es verstanden, die noch ältere vedische Religion (herrschte etwa 1200-900 v. Chr.) in ihrem Sinne umzugestalten: War es den Menschen damals möglich, direkt mit den Göttern zu kommunizieren, so schoben sich in der brahmanischen Zeit die Priester dazwischen. Um mit den himmlischen Mächten in Verbindung zu treten, mussten die Gläubigen deren Hilfe in Anspruch nehmen! Und das ließen die sich gut bezahlen: Die Opferzeremonien wurden immer komplizierter und umfangreicher. Da gab es z. B. das Zehnpferdeopfer (dasasvamedha), anlässlich dessen den Göttern zehn Pferde geopfert werden mussten, um ihre Gunst für ein bestimmtes großes Vorhaben zu erlangen. Und das war kostspielig! Wie man sich denken kann, gefiel das den Angehörigen der anderen Kasten nicht: Unter anderem dem der Kriegerkaste (kshatriyas) angehörenden Gotama. Er war jedoch nicht der Einzige. Ein gewisser Mahavira, der etwa zur selben zeit lebte, war ebenfalls unzufrieden mit den herrschenden Zuständen. Er begründete die Religion des Jainismus: Wer Yangon kennt, kennt auch den Tempel in der 29. Street.
Und wo liegen die Parallelen? Wie war es im 16. Jahrhundert A. D. in Europa? Abgesandte des Papstes in Rom (so z. B. der Dominikaner Tetzel) z. B. verkauften Papiere (Ablässe), mit denen sich die Menschen von ihren Sünden freikaufen konnten! Es war fast völlig egal, welche Untat man begangen hatte – kaufte man einen entsprechenden Ablass, war nahezu jede Schandtat vergebungsfähig. Kommt uns das in Burma nicht irgendwie bekannt vor?? Das Ablasswesen war einer der wichtigsten Kritikpunkte Martin Luthers an der katholischen Kirche. Es führte letztendlich zur Spaltung des westeuropäischen Christentums in Protestanten und Katholiken. Eine weitere Parallele ist die Tatsache, dass Luther die Bibel in die deutsche Sprache übersetzt hat und damit Unschätzbares für das Deutsche als Schriftsprache leistete. Bis dahin konnten nur wenige Gläubige (Mönche, Wissenschaftler) die Heilige Schrift im lateinischen Text lesen. Durch Luthers Übersetzung wurde die Bibel für alle Menschen zugänglich, die lesekundig waren. Buddha tat Ähnliches: Er predigte nicht in der elitären, toten Sprache Sanskrit wie die anderen Priester, sondern er benutzte seine Muttersprache Maghadi, die nach der Überlieferung Sri Lankas dem Pali entspricht. So konnten die Menschen seine Predigten verstehen. Interessanterweise wird dieser Aspekt heute in vielen theravada-buddhistischen Ländern völlig außer Acht gelassen: Wie oft hört man durch Lautsprecher verstärkte Pali-Rezitationen, die oftmals weder der Mönch noch die Zuhörer verstehen! Wir können also mit Fug und Recht sagen, dass Martin Luther genau so ein Reformer wie Gotama war!