Umwelt - Wasser
Ein Skandal ums Wasser
Heute hat sich das natürlich alles geändert, obwohl immer noch jeder, der ein bisschen Geld übrig hat, Mineralwasser in Flaschen produziert. 2013 gab es im Lande über 750 registrierte Hersteller. Von denen ohne Lizenz mal ganz abgesehen! Nicht wenige davon werden vermutlich einfach Leitungswasser in ihre Flaschen füllen. Da das Wasser aber heutzutage neben Scheuerlappen und Eimer auch noch mit reverse osmosis und ultraviolettem Licht traktiert wird, halten sich die Pest- und Cholerafälle in Grenzen … Jedoch: Einem Bericht der Myanmar Times von 2014 zufolge untersuchte die Lebensmittelbehörde (FDA) in Yangon die Erzeugnisse (20-Liter-Behälter) von 50 Anbietern und kam zu dem Ergebnis, dass 44 % der untersuchten Marken nicht dem Standard für Trinkwasser entsprach. In einigen Fällen wurde es sogar als gesundheitsschädlich eingestuft. Und was passierte? Zwar wurde das Gesamtergebnis der Untersuchung bekannt gegeben – aber es wurden keine Namen genannt! Wurden zumindest die ‚durchgefallenen’ Marken vom Markt genommen? Nichts dergleichen! Denn das hätte ja nicht nur zu finanziellen Einbußen für die Sünder geführt, sondern auch zu einem Gesichtsverlust! Die FDA erklärte, dass darunter auch bekannte Firmen seien, die Namen könnten aber wegen ‚ethical concerns’ (ethischer Bedenken) nicht bekannt gegeben werden – Anade! Als die Myanmar Times die Herausgabe der Namen forderte, stritt die Behörde gar die Existenz eines solchen Untersuchungsberichtes ab. Man schwieg sich aus, und alle produzierten lustig weiter. Allerdings wurden manche Betriebe ermahnt, wie die FDA zur allgemeinen Beruhigung mitteilte! Jahre später wurde der Untersuchungsbericht dann doch noch veröffentlicht!
Nun mag sich mancher fragen: Was interessiert mich Wasser aus Flaschen? Bei mir kommt das Trinkwasser aus dem Hahn! Gemach: In Yangon haben lediglich zwei Drittel der Bewohner Zugang zu Stadtwasser. Das übrigens – nicht nur meiner Meinung nach – einem Vergleich mit den Erzeugnissen deutscher Wasserwerke nicht standhält. So sind Millionen von Menschen auf Flaschenwasser angewiesen, denn das aus Brunnen geförderte Wasser ist oftmals nicht zum Trinken geeignet. Das betrifft übrigens nicht nur übervölkerte Arme-Leute-Siedlungen. In meiner gated community (s.a.a.O.), die von wohlhabenden Leuten bewohnt wird, ist es nicht anders! Das Wasser mag zum Duschen taugen, aber meinen Tee möchte ich nicht damit kochen! Und man solle nicht glauben, dass das Problem auf Yangon begrenzt sei: Nein, überall in Myanmar ist Trinkwasser ein Problem – auf dem flachen Lande vermutlich ein noch größeres als in den Städten. In Mandalay getraute sich die Stadtverwaltung gar, einigen anrüchigen Herstellern von Mineralwasser den Laden dichtzumachen…
Die burmesische Mineralwasserindustrie vermochte auch Hannah ASCH (s. a. a.O.) nicht völlig zu überzeugen: ‚In einem Hauseingang arbeitete eine Selterswasserfabrik, die nach dem ausgehängten, englisch geschriebenen Plakat ‚Soda-water made from thoroughly filtrated water‘ (es folgt die deutsche Übersetzung), auf europäische Kundschaft zu rechnen schien. Ich sah die sorgfältige Filtration: Ein fast nackter Inder entnahm mit einem wenig einladenden Eimer dem Straßenbrunnen Wasser, legte über einen noch viel weniger erfreulichen Eimer ein schmieriges Tuch, einem Scheuerlappen ähnlich, über das er das Brunnenwasser entleerte und so ‚filtrierte‘. Ja, es stimmt, die Burmesen haben eine Leidenschaft für Sodawasser: Der König Bodawhpaya (1782-1819) der aus Angst vor Mördern nie zwei Nächte hintereinander im selben Zimmer seines Palastes schlief, ließ in der von ihm gebauten (leider nicht fertig gestellten) Mantara Gyi Pagoda in Mingun neben diversen Schätzen auch eine Sodamaschine in die Reliquienkammer stellen.