Zwangsarbeit in Myanmar!

Der SPIEGEL klärt auf: 'Zwangsarbeiterinnen in Burma'.

war lange Zeit ein Lieblingsthema der westlichen Presse. Auch die deutsche Presse nahm sich des Themas ausführlichst an: Ich erinnere mich an ein Foto zu einem Artikel, auf dem eine Reihe von Frauen zu sehen war, die die Plattform der Shwedagon-Pagode fegten. Leider habe ich ihn nicht aufgehoben, sodass ich nicht mehr weiß, wem diese Glanzleistung zuzuschreiben ist. 

Wirklich, eine echte Sauerei, wozu die Militärregierung die Leute alles zwingt! Dagegen muss man doch vorgehen! Bisher offenbar leider vergeblich: Diese Form der Zwangsarbeit ist immer noch zu sehen, und zwar jeden Tag – ein Skandal! Oder liegt es vielleicht daran, dass die Leute glauben, dadurch religiöses Verdienst erwerben und es sogar eine lange Warteliste gibt, auf der man sich zur ‚Zwangsarbeit‘ eintragen kann? Aber was soll’s? Ist ja eh alles sooo weit weg, wen interessieren da schon die Details? Wohlgemerkt: Ich verurteile Zwangsarbeit natürlich von ganzem Herzen, aber der ‚gute‘ Zweck (Kritik an der Militärregierung) heiligt doch nicht alle Mittel!

Ich bin Staatsbürger eines Landes, das im selbst angezettelten Krieg Leute z. T. jahrelang unbezahlt schuften ließ. Viele von ihnen kamen ums Leben. Und ich frage ich mich, ob das in Deutschland verwendete Wort Zwangsarbeit auch für diese Art von ‚kommunaler Tätigkeit’ Verwendung finden sollte. Dabei handelt es ich z. B. um Straßenbau oder den Bau von Bewässerungsanlagen. Solche Maßnahmen kommen oft auch dem Dorf der zu dieser Arbeiten Herangezogenen zugute. Wohlhabende können sich übrigens für einen Dollar pro Tag frei kaufen! Manch ein Zwangsarbeiter im Dritten Reich hätte vermutlich gern den zehnfachen Betrag bezahlt, wenn er dafür wieder nach Hause hätte zurückkehren können! Es ist auch noch nicht so lange her, dass in Europa Hand- und Spanndienste von Bauern geleistet werden mussten oder die Bewohner der Küstenregionen zur – unbezahlten – Hilfe beim Deichbau herangezogen wurden. ‚Wer nicht will deichen, muss weichen!‘, hieß es damals. Oder halt einen Arbeiter bezahlen. 

Zwangsarbeiterinnen im Zweiten Weltkrieg

Nur am Rande bemerkt sei hier, dass in Myanmar die große Mehrheit der Bevölkerung kaum persönliche Steuern bezahlt. Einkommenssteuern machen etwas mehr als 25 % der Staatseinnahmen aus (in Deutschland etwa das Doppelte – prozentual, versteht sich). Man spricht daher meines Erachtens besser von Corvée, d. h. erzwungener Arbeit anstelle von Steuern. Davon deutlich zu unterscheiden sind Maßnahmen, wie sie die Armee (und auch Rebellengruppen) ergreifen. Die greifen willkürlich junge Leute auf und lassen sie z. B. als unbezahlte Träger so lange arbeiten, wie es der Kommandeur für angemessen hält. Dies hat in Konfliktregionen noch den zusätzlichen ‚Vorteil‘, dass die Zwangsrekrutierten aus 

der Gegend stammen und evtl. über die Lage von Minenfeldern Bescheid wissen. Von Bezahlung natürlich keine Rede. Ich entsinne mich an eine (lange zurückliegende) Wanderung mit Kunden auf dem Pilgerpfad zum Goldenen Felsen. Der lag damals noch in der sog. ‚braunen Zone‘, in der es gelegentlich zu Kampfhandlungen mit Rebellen kam. Eine Gruppe junger Männer wich uns nicht von der Seite, sodass ich schon befürchtete, dass sie uns berauben wollten. Mein lokaler Reiseleiter klärte mich lachend auf: Die Burschen hofften, als ‚Teil‘ unserer Gruppe vor Zwangsrekrutierungen geschützt zu sein …    

Es war in den 80er Jahren, als die Stadtregierung von Mandalay beschloss, dass jeder (?) Haushalt in der Stadt eine Person stellen musste, die bei der Renovierung des die Zitadelle umgebenden Grabens Hand anlegen musste. Dieser war damals weitgehend verschlammt und es wurde befürchtet, dass er sich zu einer Brutstätte von Malariamücken usw. entwickeln würde. Werkzeug war mitzubringen, ansonsten mussten die Leute (angeblich) mit bloßen Händen den Schlamm wegtragen. Ich kam zufällig gerade zu jener Zeit in Mandalay an, wo ich meinen Freund, einen Arzt, besuchte: ‚Hast du schon gehört?’ fragte er mich mit Grabesstimme ‚Wir mussten Zwangsarbeit leisten?’. ‚Was, Zwangsarbeit, ist ja furchtbar! Wo denn?’ entgegnete ich. ‚Jede Familie musste eine Person für die Renovierung des Zitadellengrabens stellen!’ – ‚Ist ja ein Ding!’ sagte ich. ‚Und wer von Euch ist gegangen: du oder dein Sohn?’. ‚Natürlich keiner von uns!’ war die Antwort ‚Wir haben einen Arbeiter bezahlt!’. ‚Und was hat der gekostet?’ fragte ich neugierig. ‚Na, einen Dollar pro Tag!’ sagte mein Freund mit klagender Stimme. ‚Wirklich? Das ist ja furchtbar!’ sagte ich in scherzendem Ton aber mein Freund war nicht zu Scherzen aufgelegt.