Biographie Sister Mary Rose

Sister Rose Mary, 2018

Mein Name ist Sister Rose Mary und ich wurde 1941 in Chantar Ywa, Mandalay Division, geboren. Ich bin ledig und habe keine Kinder. Was kein Wunder ist: Denn ich bin eine römisch-katholische Nonne. Burmesische Staatsbürgerin von Geburt. Ich bin eine Angehörige der kleinen Volksgruppe der Bayingyi.

Ich war eines von zehn Kindern. Nach dem Abitur verließ ich mein Heimatdorf, um in Mandalay burmesische Literatur zu studieren. Als ich 1961 vor dem Examen stand, hatte ich große Angst, nicht zu bestehen. Da leistete ich einen Eid: Sollte ich das Examen bestehen, würde ich Nonne werden! Dazu trug sicherlich bei, dass mein älterer Bruder Priester war. Der wurde später sogar Erzbischof von Mandalay (inzwischen verstorben). Ich bestand das Examen und trat als Kandidatin in den Konvent der Good Shepherd Sisters in Yangon ein. Dieser ist im Gebäude des ehemaligen Deutschen Clubs an der Bogyoke Aung San Street beheimatet. 1974 leistete ich mein finales Gelübde und bin seitdem eine Nonne. Inzwischen ist unsere Zahl hier im Konvent (aus Altersgründen) auf drei geschrumpft. Früher wurde er von irischen Nonnen geleitet. Sie wurden während der japanischen Besetzung interniert und mussten 1965 das Land verlassen. Die burmesischen Schwestern konnten bleiben. In meiner großen Familie spielte die Religion immer eine wichtige Rolle. Einer meiner Neffen ist Priester im Major Seminary neben unserem Konvent, der auch einen Ableger in Maymyo (Pyin oo Lwin) hat.  

Mein Tagesablauf sieht wie folgt aus:

04.30 Aufstehen

05.15 Erstes Gebet

06.15 Messe

07.00 Frühstück

12.00 Lunch

18.00 Dinner

Am Mittwoch dürfen wir fernsehen. Neben unseren religiösen Verpflichtungen kümmern wir uns unter anderem auch um bedürftige Leute. Unser Konvent liegt gegenüber dem größten Krankenhaus des Landes, dem Yangon General Hospital. Während ihres Aufenthaltes in der Stadt beherbergen wir die Patienten und ihre sie begleitenden Angehörigen in unserem Gästehaus. 

Die Bayingi sind die Nachkommen von portugiesischen Söldnern, die nach dem Fall Syriams und der Hinrichtung de Britos 1613 vom burmesischen König Anaukpetlun nach Oberburma deportiert wurden. Felipe de Brito stammte aus niederem Adel und war Mitglied des Christusritterordens. Wie viele seines Schlages ging er im Alter von 25 Jahre nach Indien, um dort zu Ruhm und Reichtum zu gelangen. Er handelte mit Kohle und Salz. Später stellte er sich in den Dienst des Königs von Arakan und stieg schnell zum Kommandanten der portugiesischen Söldner des Herrschers auf. 1599 nahm er an der Flottenoperation teil, während derer die burmesische Hauptstadt Pegu geplündert wurde. Auch der Haupthafen des Königreiches (Syriam /heute: Thanlyin) wurde erobert. Er wurde zum Gouverneur ernannt, aber er hatte weitergehende Pläne. 1602 erklärte er das Gebiet zu einem Vasallenstaat Portugals und unterstellte sich dem Vizekönig in Goa. Durch die Heirat mit dessen Tochter festigte er die Verbindung. Aus dieser Ehe ging ein Sohn hervor, der mit einer burmesischen Prinzessin vermählt wurde. 1605 starb sein Schwiegervater und de Brito emanzipierte sich zunehmend von Goa. 1605 erklärte er sich zum König des Stadtstaates, der den östlichen Teil des Deltas kontrollierte. Er war ein religiöser Eiferer, der die buddhistische Bevölkerung christianisieren wollte. Besonders unbeliebt machte er sich durch die Plünderung von Pagoden. Auch Piraterie und Erpressung war ihm nicht fremd. 1608 stahl er gar die von König Dhammazedi gestiftete Glocke auf der Shwedagon-Pagode, um Kanonen daraus gießen zu lassen. Beim Transport versank diese jedoch im Fluss. Sie war und ist Gegenstand vieler Spekulationen, an denen mein Freund Chit San Win nicht ganz unbeteiligt war. Bis heute ist die Glocke verschollen. (https://web.archive.org/web/20110411221414/http://www.mmtimes.com/2010/news/531/news013.html).  

Felipe de Brito als König Nga Zinkar von Syriam (Thanlyin)

1613 hatte de Brito endgültig den Bogen überspannt: Die buddhistischen Herrscher Burmas vereinigten sich unter der Führung Anaukhpetluns, des Königs von Ava und belagerten die Stadt, die durch Verrat fiel. Die Rache der Burmesen war fürchterlich: De Brito wurde gepfählt (die übliche Strafe für Pagodenplünderer) und soll noch drei Tage lang auf dem Pfahl steckend weitergelebt haben. Seine Gattin, die Tochter des Vizekönigs von Goa, wurde auf dem Sklavenmarkt verkauft, sein Sohn ebenfalls hingerichtet. Seine Soldaten wurden ins Königreich Ava (Oberburma) deportiert und im Tal des Mu-River angesiedelt, wo sie mit burmesischen Frauen verheiratet wurden.   

Nach mehr als 400 Jahren haben sie sich vollständig assimiliert. Nur ihrer Religion (römisch-katholisch) sind sie treu geblieben. Es kommt nicht selten vor, dass Kinder geboren werden, die wenig Ähnlichkeit mit Burmesen haben. Dafür umso mehr mit Südeuropäern. Es gibt einen schönen portugiesischen (in Englisch) Film über diese Gruppe: Bayingyi, the hidden face of Burma (https://www.imdb.com/title/tt10977184).

Sister Mary Rose war sehr gerührt, als ich ihr Szenen daraus vorführte. Sie kannte viele der Menschen, die darin gezeigt wurden.